Helga Buchegger
Reisegeschichten

 

"Berlin von A(lex) bis Z(oo)"

 

4. Tag und Heimreise:
Frühstück, Schloss Bellevue, Siegessäule, Stadtteil Prenzlauer Berg (Jüdischer Friedhof, Kollwitz-Platz, Wasserturm, Synagoge Rykestraße, Kulturbrauerei), Mauergedenkstätte Bernauer Straße, Brechthaus, Dorotheenstädtischer Friedhof, Unter den Linden, Historisches Museum im Zeughaus, Schinkelplatz, Berliner Bauakademie, Friedrichswerdersche Kirche, früheres Areal des Berliner Stadtschlosses bzw. des Palastes der Republik, Humboldt-Box, Staatsratsgebäude, Schlossbrücke, Spree-Ufer, Hackescher Markt, Rosenhöfe, Hackesche Höfe, Rückfahrt zum Hotel, Heimreise mit Bahn und Auto

 

Nach dem Frühstück packen wir unsere Koffer und deponieren sie an der Hotel-Rezeption. Unser Zug geht erst in den Abendstunden, und wir haben noch einiges auf dem Programm für heute. Mit dem 100er-Bus fahren wir bis zum Alexanderplatz. Wir machen aber einen Zwischenstopp beim Schloss Bellevue. Schon ziemlich oft sind wir hier vorbeigefahren, haben das Schloss und die Siegessäule vom Busfenster aus gesehen. Nun soll es doch auch noch ein ordentliches Foto von diesen beiden Motiven geben.

Das blendend weiße Schloss Bellevue wurde Ende des 18. Jahrhunderts für den jüngeren Bruder Friedrichs des Großen, Ferdinand von Preußen errichtet, der Architekt war Philipp Daniel Boumann. Das heutige Gebäude ist eine Rekonstruktion, nur der Ballsaal stammt aus dem ursprünglichen Bau. In diesem Schloss residiert der deutsche Bundespräsident.

Die Siegessäule, eines der Berliner Wahrzeichen, steht unweit davon auf dem Großen Stern, das ist ein riesiger Platz im Zentrum des Tiergartens. Man kann von unserer Position vor dem Schloss Bellevue auf sie hinüberschauen. Die Säule wird gerade renoviert und soll im Mai 2011 ganz fertig sein. Der obere Teil ist es schon, und die Goldelse, wie sie im Volksmund genannt wird, strahlt ganz frisch angepinselt herüber. Da die Säule im unteren Teil noch eingerüstet ist, macht es keinen Sinn näher hinzugehen. Wir können es also einsparen.

Ursprünglich stand die Siegessäule vor dem Reichstag, und zwar wurde sie 1873 nach den preußischen Feldzügen gegen Dänemark, Österreich und Frankreich aufgestellt. 1939 wurde sie auf den Großen Stern verlegt. Sie ist 69 Meter hoch, und die Figur stellt die Siegesgöttin Victoria dar. Diese anscheinend für ihre damalige Befestigung übergewichtige Dame wurde 1985 gerade noch vor dem Absturz gerettet.

Also wieder rein in den Bus, Fahrt bis zum Alex und dann Umstieg in die U2, die uns bis zum Senefelder Platz bringt. Wir sind sodann im Stadtteil Prenzlauer Berg. Zunächst einmal gehen wir bis zum Jüdischen Friedhof. Der hat aber am Samstag nicht geöffnet, das hätten wir vorher checken müssen. Zu spät! Ich muss mich mit einem seitlich durch eine Ausnehmung in der Mauer geschossenen, obendrein zu kontrastreichen Foto begnügen.

Wir gehen weiter zum Kollwitz-Platz. Käthe Kollwitz hat hier in dieser Gegend lange Jahre gewohnt. In der Platzmitte sind zu ihrem Gedenken zwei Plastiken aufgestellt, die eine ist eine Replik eines ihrer Werke "Mutter mit zwei Kindern", die andere ein von Gustav Seitz nach einem Selbstbildnis der Künstlerin angefertigte Skulptur. Am Samstag findet hier der Wochenmarkt statt, der auch eine beliebte Touristenattraktion geworden ist. Markttreiben ist immer was Schönes. Ich wollte zwar nicht, dass wir deswegen auf die Besichtigung der Skulpturen vergessen, aber es ist trotzdem passiert.

Der 30 Meter hohe Wasserturm ist das Wahrzeichen des Prenzlauer Berges. Einst befand sich darin ein Wasserbehälter über einigen Geschoßen mit Wohnungen für die Familien der Wasserwerker. 1933-34 wurde der Wasserturm und das nicht mehr vorhandene Maschinenhaus von der SA als Gefängnis und später als Heim genutzt. Heute ist der Turm wieder bewohnt und die im Grundriss eigenartigen Wohnungen sollen auch sehr begehrt sein, was ich mir beim Anblick meines Fotos eigentlich nicht recht vorstellen kann, das mag aber vielleicht auch an der schlechten Qualität des Fotos liegen, es sieht so düster aus.

Gleich in der Nähe liegt die Synagoge Rykestraße. Sie wurde Anfang des 20. Jahrhunderts im neo-romanischen Stil errichtet. Auf dem Foto sieht man nur das Tor zum vorgelagerten Eingangsgebäude. Die Synagoge liegt dahinter. Man kann nicht hinein. Diese beengte Lage im Hof hat in der Progromnacht eine völlige Zerstörung der Synagoge verhindert, da die Angst, die naheliegenden Gebäude mit niederzubrennen zu groß war. Sie wurde "nur" im Inneren verwüstet. 1953 wurde sie wieder eingeweiht, und sie ist heute die größte Synagoge Deutschlands.

Der Stadtteil Prenzlauer Berg hat sich in den letzten Jahren zu einem sehr beliebten Treffpunkt entwickelt. Es gibt unzählige Kaffeehäuser und Restaurants, keine Weltgegend, die hier nicht kulinarisch vertreten ist. Zahlreiche kleine Läden, die Kunsthandwerk, Textilien, Schuhe und Wohnaccessoires verkaufen, runden das Bild ab. Man bewegt sich hier also in einer "angesagten" Gegend, das ist unzweifelhaft erkennbar.

Beim Café Anna Blume gibt es eine BookCrossing-Station (Was das ist? Hier kann man es herausfinden!) in Form eines "Bücher-Baumes". Das ist ein guter Grund, sich dort ein wenig aufzuhalten und zu stöbern. Wir haben auch zwei Bücher mitgenommen, die damit von Berlin nach Linz bzw. Wien gereist sind und demnächst wieder auf die Reise gehen werden.

Dann kommen wir noch an der Kulturbrauerei vorbei. Das ist ein multikulturelles Zentrum, das seit 1991 besteht. Das dafür verwendete Areal und die Gebäude sind Teil einer nicht mehr existierenden Bierbrauerei. Hier werden nicht nur Ausstellungen, Konzerte, Lesungen und Theateraufführungen angeboten, es gibt auch Workshops, Kurse und Tanzveranstaltungen.

Wir steigen nun in die Straßenbahn, um zum Nordbahnhof zu fahren. Von dort aus wollen wir entweder zu Fuß oder mit einer sich anbietenden Verkehrslinie zum Dorotheenstädtischen Friedhof und dem gleich daneben liegenden Brecht-Haus. Eine Station vor dem Nordbahnhof ist jedoch die Haltestelle für die Mauergedenkstätte in der Bernauer Straße. Wir steigen zwar zunächst nicht aus, denn wir haben diesen Punkt gar nicht im Programm, aber da es schon mal fast auf dem Weg liegt - nur ein kurzes Stück müssen wir vom Nordbahnhof wieder zurück gehen - entschließen wir uns doch dafür.

Man kann das jetzt allerdings nicht als Besichtigung bezeichnen, denn wir gehen nur über das Freigelände und machen ein paar Fotos. Man könnte das Dokumentationszentrum besuchen, es ist hier auch einiger Touristenandrang. Dieses besteht u. a. aus Ausstellungsgebäuden, der Kapelle der Versöhnung und einem Aussichtsturm. Von letzterem könnte man auf ein 60 Meter breites Teilstück der Mauer blicken, wie sie zuletzt, also vor dem Mauerfall, ausgestattet war. Dieses Stück ist nur von oben betrachtbar und nicht begehbar. Links und rechts davon ist es mit Stahlwänden begrenzt. Silvia hat ein Foto von hinten, also wie man Richtung Aussichtsturm schaut, gemacht. Man sieht da aber natürlich auch nicht hinein, sondern nur einen Wachturm aufragen und eine der begrenzenden Stahlwände.

Das war also jetzt ein ungeplanter Aufenthalt auf unserem Weg, den wir nun fortsetzen. Wir gehen ein Stück zu Fuß weiter. Das Gebiet um den Nordbahnhof ist ziemlich öd, hier scheint noch viel Platz und Notwendigkeit zu einer Neugestaltung zu sein, die auch schon begonnen hat, wie man sieht.

Wir erreichen die Chausseestraße. Auf Nr. 125 befindet sich das Brechthaus. Bertolt Brecht hat dort von 1953, seiner Rückkehr aus dem Exil, bis zu seinem Tod, 1956, gewohnt. Seine Lebensgefährtin Helene Weigel war bis zu ihrem Tod, 1971, dort wohnhaft. 1956 wurde das Brecht-Archiv, darin befinden sich seine Handschriften und seine Bibliothek, und 1974 das Weigel-Archiv in diesem Haus eingerichtet. Auch die Wohnräume der beiden Künstler können besichtigt werden.

Unmittelbar daneben liegt der Dorotheenstädtische Friedhof, der Friedhof für die berühmten Söhne und Töchter Berlins. Eine Aufzählung spare ich mir. Interessanterweise sind wir nämlich an keinem dieser Gräber vorbeigekommen. Wir sind aber auch nur durch einen kleinen Bereich gegangen. Es gab dort viele auffallende und aufwändige Grabmäler, aber es war kein prominentes dabei.

Wir gehen noch ein Stück die Chausseestraße entlang und steigen dann in eine Straßenbahn, die uns zur Friedrichstraße bringt. Dort teilen wir uns. Michael will zum Potsdamer Platz bzw. zum Sony-Center, denn er plant, sich die Deutsche Kinemathek - Museum für Film und Fernsehen anzusehen. Wir drei anderen nehmen noch einmal Kurs auf den Boulevard Unter den Linden. Es gibt dort ein paar "Restbestände", die uns aus unserer Liste noch fehlen. Vorbei an der eingerüsteten Staatsbibliothek, dem Reiterstandbild Friedrichs des Großen, der Humboldt-Universität und der Neuen Wache kommen wir zum Zeughaus, heute das Historische Museum.

Es ist das älteste Gebäude Unter den Linden. Schon um 1700 herum wurde mit dem Bau begonnen, und zwar nach Plänen von Francois Blondel. Architekten gab es in der Folge mehrere, erwähnen möchte ich Andreas Schlüter, der zwar architektonisch wenig Spuren hinterlassen hat, dafür aber durch seine Arbeiten als Bildhauer sehr wichtig für die Ausgestaltung des Hauses wurde, und Jean de Bodt, der die wesentlichen Elemente noch stark veränderte und damit das endgültige Gesicht prägte.

Der Bau zog sich zeitweise dahin, da die notwendigen Geldmittel nicht immer vorhanden waren. 1730 war das Zeughaus dann fertiggestellt und diente bis 1876 als Waffenarsenal. Dabei wurden aber bereits in den Jahrzehnten davor Teile davon als Ausstellungen dem Publikum zugänglich gemacht. In der Folge wurde das Gebäude zu einer Gedenkstätte für gefallene deutsche Soldaten und zum Militärmuseum umgestaltet. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde es stark beschädigt, der Wiederaufbau begann bereits 1948. Zu DDR-Zeiten war es das Museum für deutsche Geschichte, seit der Wende ist es das Historische Museum Berlin. 2006 erfolgte eine Sanierung.

Durch das Tor erreichen wir den Innenhof, der mit einer lichtdurchlässigen Konstruktion überdacht ist. Da drinnen ist es richtig schön warm und irgendwie "friedlich", nur gedämpfte Geräusche dringen herein. Wir setzen uns auf eine Bank und rasten uns aus, ein perfekter Platz ist das dafür.

Hier komme ich noch einmal auf Andreas Schlüter zurück. Von ihm stammen viele Bildhauerarbeiten in diesem Bauwerk, z.B. die vielen Schlusssteine an den Außenfassaden und eben in diesem Innenhof 22 Köpfe sterbender Krieger mit sehr realistischen Gesichtszügen. Letztere gehören zu den wenigen Skulpturen, die in den 300 Jahren seit ihrer Entstehung nur wenig Schäden davongetragen haben.

Hinter dem Gebäude befindet sich ein Anbau von Ieoh Ming Pei, der u.a. für den Bank of China Tower in Hongkong und für die Glaspyramiden des Louvre in Paris verantwortlich ist. Ja ... und leider ... dieser Anbau ist uns durch die Lappen gegangen.

Auch wenn es schwerfällt, wir verlassen diese Oase der Wärme und Stille im Innenhof und wenden uns wieder der Abarbeitung unserer Besichtigungslücken zu. Wir überqueren zunächst einmal Unter den Linden und kommen auf einen schmalen dreieckigen Platz nahe am Spree-Ufer. Dort stehen drei Statuen, eine davon stellt Karl Friedrich Schinkel dar, der Platz ist nach ihm benannt. Man begegnet diesem Namen in Berlin ohnehin auf Schritt und Tritt. Der Mann war jedoch nicht nur Architekt und Stadtplaner, sondern auch Maler, Grafiker und Bühnenbildner.

In seinem Rücken steht ein Bauwerk, das ich als zur Restaurierung "eingepackt" bezeichnen würde. Ich habe mich vor Ort nicht näher darum gekümmert. Weil ich neugierig bin, habe ich es mir jetzt beim Schreiben der Reisegeschichte näher angeschaut. Es handelt sich um die Berliner Bauakademie oder sagen wir mal um eine Darstellung davon. Da ist nämlich gar nichts eingepackt, dahinter ist es leer. Das Gebäude wurde Mitte des 19. Jahrhunderts von Schinkel errichtet. Im Krieg beschädigt, zunächst ein Wiederaufbau geplant, dann aber abgebrochen ... in der Folge wurde dort das DDR-Außenministerium gebaut, das nach der Wiedervereinigung wieder abgerissen wurde ... und jetzt wird das alte Gebäude wieder rekonstruiert, eine Ecke davon steht schon, und bis es fertig ist, gibt es ein Gerüst mit bedruckten Planen zum Anschauen. Manchmal finde ich das alles schon ein wenig verrückt.

Der Grund warum wir überhaupt hier vorbeikommen, ist die Friedrichswerdersche Kirche, die wir gleich als nächstes besuchen werden. Sie dient heute nicht mehr als Gotteshaus, sondern ist eine Dependance der Nationalgalerie mit einer Skulpturenausstellung und einem Schinkel-Museum. Der Eintritt ist frei, man bittet nur um eine freiwillige Spende. Es ist schön hell, was besonders die Fotografen freut.

Die Kirche wurde von Schinkel geplant und um 1840 fertiggestellt. Sie war die erste neugotische Kirche Berlins, das wird auch an vielen Gestaltungselementen deutlich, aber sie trägt auch klassizistische Züge, wenn man z.B. die Fassade der Eingangsfront oder die Gliederung des Gebäudes von außen betrachtet. Deutlicher gotisch wird es dann im Inneren. Bis zum Zweiten Weltkrieg wurde das Bauwerk als Gotteshaus genutzt. Es erfolgten auch einige bauliche Veränderungen in dieser Zeit. Im Krieg wurde die Kirche durch mehrere Bombentreffer schwer beschädigt, in den 50ern hat man nur gesichert und sie sonst als Ruine stehen gelassen. Erst in den 80ern erfolgte ein originalgetreuer Wiederaufbau, 1997 eine weitere Restaurierung. Das merkt man deutlich. Es ist alles so wunderschön neu und perfekt. Das mutet irgendwie eigenartig an ... so nagelneu und doch so gotisch!

Im Kirchenraum werden zahlreiche Skulpturen ausgestellt. Erwähnenswert sind vor allem die Prinzessinnengruppe von Johann Gottfried Schadow, die Luise und Friederike von Preußen zeigt, weiters eine Zweitfassung der Grabskulptur von Königin Luise von Christian Daniel Rauch und eine Statue Karl Friedrich Schinkels von Christian Friedrich Tieck. Dazu gibt es auch noch Darstellungen von den Brüdern Humboldt, Immanuel Kant und Johann Wolfgang von Goethe, letzere hat mich auch zu einem Foto bewogen, die beiden anderen sind mir nicht aufgefallen. Auf der Empore gibt es eine Ausstellung über Leben und Wirken von Karl Friedrich Schinkel. Ein enorm kreativer und außerordentlich fleißiger Mensch muss das gewesen sein.

Wir verlassen die Kirche und gehen den Weg zurück über den Schinkelplatz Richtung Schlossbrücke. Blickt man über die Spree, sieht man links den Berliner Dom, rechts weiter im Hintergrund den Fernsehturm. Der Teil der Spreeinsel, der sich südlich der Brücke anschließt, ist Brachland. Nur so eine werbeverkleidete "Kiste" steht dort. Der Vollständigkeit halber muss ich über dieses Gebiet noch kurz berichten, obwohl es schwierig ist, dabei nicht auszuufern.

Hier stand nämlich das Berliner Stadtschloss. Vorgängerbauten gab es schon ab dem 15. Jahrhundert. Ab dem 18. Jahrhundert erfolgte schrittweise der Ausbau zur prachtvollen königlichen Residenz. Auf bauliche Details, Entwicklung der Baugeschichte und beteiligte Personen möchte ich an dieser Stelle verzichten, genauso wie auf geschichtlich bedeutsame Ereignisse, die hier stattgefunden haben. Es führt einfach zu weit, weil es so umfangreich ist. Es sei nur erwähnt, dass vom Balkon eines der Portale 1918 Karl Liebknecht die sozialistische deutsche Republik ausgerufen hat, die jedoch nicht zustande kam. Dieses Portal wird ein paar Absätze weiter unten nämlich noch vorkommen.

Im Zweiten Weltkrieg wurde das Schloss beschädigt, konnte aber teilweise so weit hergerichtet werden, dass darin Ausstellungen stattfinden konnten. Der DDR-Führung war das Gebäude aber ein Dorn im Auge, da es ein Symbol des Preußischen Absolutismus darstellte, so wurde es 1950 gesprengt. In den 70ern wurde dann an dieser Stelle der Palast der Republik erbaut. Er beherbergte den Sitz der Volkskammer und des Parlamentes, sowie ein öffentliches Kulturhaus und diverse Veranstaltungsräume. 1990 wurde der Bau wegen Asbestverseuchung geschlossen, 1998-2003 wurde der Asbest entfernt, die Diskussionen, ob ein kompletter Abriss durchgeführt werden sollte, hielten noch lange an, dieser wurde dann doch beschlossen und bis 2008 zu Ende geführt.

Wie es weiter geht? Pro und Contra für eine Wiedererrichtung des Stadtschlosses gibt es genügend. Die Diskussionen halten weiter an. Es gibt einen Beschluss aus 2007 für einen Wiederaufbau ab 2010, was aber mittlerweile auf 2014 verschoben wurde. Das zukünftige Gebäude soll den Namen "Humboldt-Forum" tragen. Und diese kleine werbeverkleidete "Kiste" heißt Humboldt-Box und dient als Informationsmedium für die jeweils geplanten zukünftigen Schritte. Damit habe ich mich jetzt schon einige Absätze lang mit etwas beschäftigt, von dem eigentlich gar nichts da ist. Man könnte allerdings auch locker ein Buch darüber schreiben.

Von der Schlossbrücke aus an diesem soeben wortreich abgehandelten Bauplatz vorbei blickt man auf das ehemalige Staatsratsgebäude aus den 60ern. Heute ist darin die European School of Management and Technology untergebracht. Hier kommt - wie versprochen - dieses besagte Portal noch einmal zur Sprache. Wegen seines Symbolgehaltes wurde es 10 Jahre nach der Sprengung des Schlosses bei der Errichtung dieses Gebäudes eingefügt.

Nun noch ein paar Worte zur Schlossbrücke: Sie wurde Anfang des 19. Jahrhunderts von Karl Friedrich Schinkel errichtet. Sie besteht aus drei Bögen und acht marmornen Figurengruppen, die den Weg eines Helden vom Knaben bis zum Tod darstellen. Der Figurenschmuck wurde erst nach dem Tod Schinkels nach seinen Entwürfen von acht verschiedenen Bildhauern fertiggestellt. Die Plastiken wurden 1943 abgebaut und eingelagert und haben somit den Krieg unbeschadet überstanden, befanden sich aber in West-Berlin. Die Brücke wurde jedoch beschädigt. Nach ihrem Wiederaufbau trug sie den Namen Marx-Engels-Brücke. Zum 140. Todestag Schinkels wurden die Figuren an die DDR übergeben und wieder aufgestellt. Seit dem ersten Jahrestag der Wiedervereinigung hat die Brücke ihren alten Namen zurückbekommen.

Wir überqueren die Brücke, und ich mache noch ein Foto zurück auf die spreeseitige Fassade des Zeughauses. Auch der Berliner Dom kommt hier ein letztes Mal ins Bild, und zwar endlich einmal bei vollem Tageslicht, ohne störende weitere Bildteile und mit seiner Vorderansicht.

Wir gehen noch ein Stück weiter die Karl-Liebknecht-Straße entlang, biegen dann in die DomAquarée-Passage ab und erreichen das Spree-Ufer gegenüber der Rückseite des Berliner Domes. Die Sonne scheint, es sind viele Leute unterwegs, ... und es ist heute auch ein wenig angenehmer, was die Temperatur angeht. Endlich! Aber für uns schon etwas zu spät!

Eine Zeitlang belauere ich die Skulpturengruppe, drei Mädchen und ein Junge, die sich hier auf der Ufermauer befindet, um sie fotografieren zu können. Aber das wollen andere auch, bzw. sie wollen inmitten dieser Gruppe fotografiert werden. Eine Dame hält es besonders lang dort aus, ich werde - zugegeben - innerlich schon ein wenig ungeduldig. Dann finde ich aber doch noch einen passenden Moment. Die Figuren stammen von einem Brunnen, der bei einem Hotelneubau in der Nähe abgetragen worden ist.

Wir erreichen den Hackeschen Markt. Da ist viel los. Es ist Samstag und damit Feinschmecker- und Kunstmarkt. Frühlingsstimmung liegt in der Luft, alle scheinen gut gelaunt zu sein. Wir kaufen uns einmal alkoholfreien Punsch (Silvia) und zweimal Glühwein (Gerhard und ich) und schauen ein Weilchen dem Treiben von einem sonnenbeschienenen Stehtisch aus zu. Die Tage vorher hätten wir liebend gerne mal was Heißes getrunken, aber da ist uns nie ein Punschstand begegnet. Heute wäre es gar nicht notwendig, ganz im Gegenteil, als wir dort wieder aufbrechen, ist uns mehr als warm.

Abseits aller Bestrebungen des heutigen Tages, noch fehlende wichtige Sehenswürdigkeiten abhaken zu können, gibt es noch zwei völlig "unkulturelle" Anliegen. Silvia träumt seit dem ersten Tag von einer Nudel-Box, seit wir aus Gründen des Frierens und der Müdigkeit lieber ein Restaurant aufgesucht haben. Und Gerhard ist beseelt von dem Gedanken, sich noch eine Currywurst zu Gemüte zu führen. Man kann Berlin nicht verlassen, ohne sie verkostet zu haben. Silvias Wunsch rückt schnell in greifbare Nähe, denn zufällig kommen wir gerade an einem passenden Schnellimbiss vorbei. Wir haben nun aber alle drei Appetit darauf, so wird beschlossen, dass die Currywurst noch zu warten hat.

Frisch gestärkt beschließen wir nun, nochmals zu den Hackeschen Höfen zu gehen, da wir schon mal in dieser Gegend sind. Des Abends kamen sie ja schon ins Bild, aber ein paar Tageslicht-Fotos davon können nicht schaden. Diesmal gehen wir den umgekehrten Weg. Wir starten durch die Rosenhöfe, nehmen zwei der Hackeschen Höfe mit, die wir am ersten Abend ausgelassen haben und beenden unseren Rundgang beim Haupttor, also dem Eingang zu Hof 1.

Im 17. Jahrhundert war es verboten, innerhalb der Stadtmauern Heu und Stroh zu lagern, damit wollte man die Brandgefahr verringern. Das Gebiet hier, die Spandauer Vorstadt, lag außerhalb der Mauern, und darum wurden hier viele Scheunen errichtet. Der Ausdruck Scheunenviertel wird für einen Teil des Bezirkes noch heute verwendet. Im 18. Jahrhundert wurde die Stadt erweitert, und damit wurde dieser Bereich ein Teil Berlins. Der damalige Kommandant dieses Viertels war Hans Christoph Graf von Hacke, der mit der Gestaltung der noch unbebauten Flächen beauftragt wurde. Es entstand ein Markt, der nach dem Herrn Hacke benannt wurde. Das Gebiet erfreute sich regen Zuzugs, vor allem jüdische und französische Einwanderer ließen sich dort nieder.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde gegenüber dem Hackeschen Markt ein Gebäudekomplex aus acht Höfen angelegt. Darin wurden Mietwohnungen und Gewerbebetriebe, aber auch kulturelle Einrichtungen untergebracht. Nach einer kurzen Blütezeit kamen lange Jahre des Niedergangs. Der Erste Weltkrieg brachte wirtschaftliche Probleme für die Firmen, und viele davon siedelten ab. Bombentreffer im Zweiten Weltkrieg richteten großen Schaden an. Nach dem Krieg wurden die Bauten lange Zeit vernachlässigt. 1977 wurden die Höfe wohl unter Denkmalschutz gestellt, aber erst in den 90ern erfolgte eine nachhaltige Sanierung.

Langsam wird es an der Zeit, den Rückweg zum Hotel anzutreten und die Koffer abzuholen. Es ist noch viel Zeit, aber lieber ein wenig mehr Polster, denken wir uns. Und den haben wir auch gebraucht. Zunächst stellen wir fest, dass die Schnellbahnverbindung vom Hackeschen Markt nur bis zur Friedrichstraße geht und von dort weg ein Schienenersatzverkehr eingerichtet ist. Oje ... da wird wieder gestreikt, ist mein erster Gedanke! Es wird sich herausstellen, dass das nicht stimmt, aber das erfahren wir erst später. Wir gehen also zurück bis Unter den Linden und nehmen den Bus 200. Der ist extrem voll, und zeitweise habe ich das Gefühl, es gibt überhaupt kein Weiterkommen.

Hoffentlich schaffen wir es rechtzeitig bis zum Hotel, hoffentlich ist Michael nicht irgendwo in der verkehrsverstopften Stadt steckengeblieben, hoffentlich haben wir nachher genügend Zeit, um vom Hotel zum Bahnhof zu gelangen, das alles denke ich mir. Den vereinbarten Zeitpunkt, uns wieder beim Hotel zu treffen, haben wir um einige Minuten versäumt, Michael ist schon da. Wir müssen jetzt vom Bahnhof Zoo zum Hauptbahnhof, sind also wieder von dieser unterbrochenen Schnellbahnlinie betroffen. Aber der Hotelbedienstete an der Rezeption sucht uns eine passende Regionalzugsverbindung, die uns allerdings noch genau 11 Minuten Zeit lässt, vom Hotel zum Bahnsteig zu kommen. Das wird leicht hetzig, aber es geht sich aus.

So erreichen wir Berlin Hauptbahnhof und haben unseren Zeitpolster bis zur Abfahrt sogar wieder zurückgewonnen. Schuld waren Gleisbauarbeiten, also keine Spur von Streik, damit ist auch die Sorge, dass unser Zug nach Wien zurück mit Verzögerung starten könnte, vom Tisch. Die Zeit reicht auch noch locker aus, um etwas Süßes, Topfenplunder etc., für die lange Fahrt und eine Portion Currywurst zu erstehen, die dann in der ganzen Familie die Runde macht, denn hungrig ist zu dem Zeitpunkt keiner von uns. Naja ... mich wirft das Ding geschmacksmäßig nicht um. Ich bin aber überhaupt dieser Art der Nahrung nicht sonderlich zugetan. So ist auch der letzte Programmpunkt erfüllt.

Wir bringen unser Gepäck in den Zug, checken in unser Schlafwagenabteil ein, und ich beschäftige mich noch eine Weile mit Notizen über den vergangenen Tag, bis ich in einen halbwegs erholsamen Schlaf falle. Von der Fahrt gibt es keine besonderen Vorkommnisse zu berichten. Am Wiener Westbahnhof verabschieden wir uns von unserem Sohn. Wir nehmen die U-Bahn zum Parkhaus, denn die Züge nach Hütteldorf haben aus wie immer gearteten Gründen alle Verspätung. Jetzt haben wir nur noch die Fahrt von Wien nach Asten hinter uns zu bringen, und Silvia fährt von dort aus mit ihrem Auto nach Hause.

 

Die kleinen Fotos von den Sehenswürdigkeiten kann man anklicken, um ein größeres Foto betrachten zu können.

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