Helga Buchegger
Reisegeschichten

 

"Toskana, erste Auflage"

 

3. Tag:
Ausflug nach Pisa, Bahnfahrt Florenz SMN bis Pisa Centrale, Chiesa Santa Maria della Spina, Piazza dei Miracoli, Duomo Santa Maria Assunta, Battistero, Camposanto Monumentale, Torre Pendente, Piazza dei Cavalieri, Palazzo dei Cavalieri, Chiesa di Santo Stefano di Cavalieri, Palazzo dell'Orologio, Borgo Stretto, Piazza Garibaldi, Palazzo Gambacorti, Logge di Banchi, Palazzo Agostini, Palazzo alla Giornata, Chiesa di San Paolo in Ripa d'Arno, Bahnfahrt Pisa-Florenz, Abendspaziergang

Wir haben uns schon am Vortag am Bahnhof informiert, wann Züge nach Pisa gehen und wieder zurück. Welchen wir dann in der Früh nehmen, entscheiden wir erst nach dem Frühstück. Es soll ja schließlich nicht stressig werden. Wir kaufen die Fahrkarten bei einem Automaten am Bahnhof und sitzen bald darauf, ausgerüstet mit Reiseführer und Info-Material, im Zug. Der ist relativ gut ausgelastet, und wir sind eine gute Stunde unterwegs bis zum Bahnhof Pisa Centrale.

Wir verlassen das Bahnhofsgebäude, und anscheinend müssen wir hilf- oder orientierungslos dreingeschaut haben. Denn es wird uns sofort der Weg in Richtung "Torre" gezeigt, ohne dass wir danach gefragt haben. Ein unbestimmter Wink, einfach nur gerade aus! Man kann also davon ausgehen, dass alle Ankömmlinge hier nur den Schiefen Turm suchen, deswegen kommt man eben hier her ... und damit basta! Nebenbei bemerkt hätte man ohnehin keine Chance nicht hinzufinden. Man braucht vom Bahnhof weg nur der Nase nach gehen, auf irgendeiner Brücke den Arno überqueren und schon bald ist man da.

Durch eine ziemlich große Baustelle in Bahnhofsnähe werden wir zu einem leichten Bogen gezwungen, und damit ergibt sich, dass wir beim Ponte Solferino den Arno erreichen. Die Sonne strahlt. Der Anblick der Häuserzeile am Arno ist total malerisch. Auf der zur Zeit im Schatten liegenden Seite des Arno befindet sich die Chiesa Santa Maria della Spina, eine sehr kleine, hübsche, gotische Kirche. Den Namen hat sie bekommen, da in einem kostbaren Schrein ein Dorn aus der Dornenkrone Christi aufbewahrt wurde. Den Schrein gibt es noch, der Dorn befindet sich mittlerweile in einer anderen Kirche.

Das Gotteshaus wurde bereits im 14. Jahrhundert errichtet. Es stand direkt am Arno-Ufer. Aufgrund der ständigen Bedrohung durch Hochwasser hat man sich Ende des 19. Jahrhunderts entschlossen, die Kirche abzutragen und ein paar Meter weiter oberhalb auf dem Lungarno wieder aufzustellen. Der Standort der Kirche wirkt auch wirklich eigenartig. Beidseitig des Arno ist nämlich eine geschlossene Häuserzeile jeweils jenseits der parallel zum Fluss führenden Straße. Die Kirche steht aber auf der am Arno liegenden Straßenseite und schaut irgendwie wie "hingepickt" aus. Was aber nichts daran ändert, dass das Bauwerk selber sehr schön ist.

Bevor wir den Arno überqueren, streben wir also darauf zu. Umsonst! Die Türe ist zwar geöffnet, aber wir werden von einer Dame informiert, dass die Kirche derzeit nicht zugänglich ist. Das ist schade, denn es soll auch das Innere sehr interessant sein. Außer dem bereits erwähnten Reliquienschrein gibt es dort auch Statuen von Andrea und Nino Pisano. Wir können nur einen kurzen Blick erhaschen, der aber nur entdecken lässt, dass im Moment eine Ausstellung vorbereitet wird.

Ich hätte dann wenigstens gerne ein schönes Foto der Außenansicht gemacht, aber auch das ist mir nicht vergönnt. Es steht ein rotes Auto mit hochgeklapptem Kofferraumdeckel davor. Da die Kirche ziemlich klein ist, nimmt das Auto einen relativ prominenten Platz auf dem Foto ein. Ich habe dann noch von der Arno-Brücke aus fotografiert, aber das gibt auch nicht recht viel her, denn die Kirche liegt ja im Schatten.

Wir überqueren den Arno, und wenig später sehe ich am Ende der Straße schon die weiße Kuppel des Domes. Bald darauf erreichen wir die Piazza dei Miracoli. Platz der Wunder, der Name ist nicht übertrieben! Er stammt vom italienischen Dichter Gabriele D'Annunzio.

Unzählige Male habe ich Fotos vom Dom, vom Baptisterium und vom Schiefen Turm gesehen. Aber jetzt ... da das nun alles plötzlich in natura vor mir steht ... verschlägt es mir doch die Sprache. Es ist ein wunderbares, stimmiges Ensemble. Die Bauwerke sind harmonisch zueinander errichtet. Obwohl man Jahrhunderte daran gebaut hat, ist durch die immer gleichbleibende Verwendung des Baustoffes ein einheitliches Bild entstanden. Details an den Fassaden werden in den anderen Gebäuden aufgegriffen. Dazu kommt noch, dass der Platz riesig ist und von weiterer Verbauung verschont blieb. Das bedeutet, dass die Sicht nicht durch andere Gebäude oder durch enge Gassen beeinträchtigt wird. Der tiefblaue Himmel macht es perfekt. Ich kann nur noch staunen.

Leider habe ich es verabsäumt, mehrere Nebeneinander-Fotos oder eine Panorama-Aufnahme zu machen. Darum habe ich hier versucht, mit dem vorhandenen Material den großartigen Anblick wenigstens "anzudeuten". Dazwischen fehlen Bildteile, aber die Größenverhältnisse sind in etwa richtig. Daraus die Vorstellung des beeindruckenden Panoramas zu machen, bleibt der Fantasie des Betrachters überlassen. Es ist jedenfalls grandios.

Viele Touristen sind hier unterwegs, alle haben Fotoapparate vor den Gesichtern. Wie muss das nur zur Hauptsaison hier aussehen? Eine lange Reihe von Souvenirständen befindet sich an der Südseite des Platzes. Man kann hier "Schiefe Türme" in allen nur erdenklichen Größen und Preiskategorien erstehen. Und sonst auch noch jede Menge anderen Tand!

Der kleine Übersichtsplan soll die Lage der Bauwerke zueinander deutlich machen. Es gibt hier insgesamt 6 Sehenswürdigkeiten, für die man eine Eintrittskarte braucht: der Duomo Santa Maria Assunta (der allerdings von November bis Februar frei zugänglich ist), der Battistero, die Torre Pendente, der Camposanto Monumentale, das Dom-Museum und das Sinopien-Museum. Man bezahlt nach der Anzahl der ausgewählten Sehenswürdigkeiten, also für eines EUR 5,--, für zwei EUR 6,--, usw. Die Torre Pendente ist von dieser Staffelung ausgenommen, sie kostet in jedem Fall EUR 15,-- (weitere Details dazu findet man hier). Es ist empfehlenswert, bei der Planung der Besuchsreihenfolge auf die Öffnungszeiten zu achten, die sind nämlich unterschiedlich.

Zunächst machen wir einmal eine Runde um den Dom, rechts an seiner Apsis bzw. links an der Torre Pendente vorbei und dann auf der anderen Seite entlang. Von hier aus gesehen rechts befindet sich eine hohe Mauer, dahinter liegt der Camposanto Monumentale. Wir gehen dann weiter bis zur Eingangsfassade des Domes, die gegenüber dem Battistero liegt.

 

 

Der Duomo Santa Maria Assunta wurde im Jahre 1063 unter der Leitung des Baumeisters Buscheto begonnen. Dieses Bauwerk bildet den Ausgangspunkt für die Pisaner Romanik, die unzählige Sakralbauten in vielen Städten der Toskana und auch der nahegelegenen Inseln beeinflusst hat. Die Einweihung erfolgte 1118, zu diesem Zeitpunkt war das Bauwerk aber noch nicht vollendet. Die Kuppel hat eine ovale Form und wurde erst Ende des 14. Jahrhunderts gebaut.

Die Eingangs-Fassade von Rainaldo stammt aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Besonders auffallend sind die vier Reihen von Arkaden, die sich nach oben verjüngen und die Mauerfläche irgendwie filigran wirken lassen. An eine kleine Säule rechts im zweiten Arkadenabschnitt, sie fällt wegen ihrer Andersfarbigkeit auf, da sie aus Porphyr besteht, knüpft sich eine Legende. Es heißt, dass jemand, der sie betrachtet für einen Tag lang nicht in der Liebe betrogen wird. Für einen Tag? Nun ... recht wirkungsvoll erscheint mir das gerade nicht.

Wir betreten nun die Kirche. Und es fehlen mir wieder die Worte. Auch jetzt beim Schreiben noch. Was soll ich sagen? Ich bin überwältigt von der Schönheit und Ausdruckskraft dieses Kirchenraumes. Die Basilika ist fünfschiffig mit einem dreischiffigen Querhaus. Die Verkleidung mit zweifarbigen Marmorstreifen in Hell- und Dunkelgrau ist eines der beherrschenden Stilmittel. Durch die vielen Bögen und Arkaden wirkt der Bau ungemein weiträumig und luftig.

Einer der herausragenden Kunstschätze im Kircheninneren ist die Kanzel, die zu Beginn des 14. Jahrhunderts von Giovanni Pisano geschaffen wurde, über und über mit Figuren und Reliefs bedeckt. Sie zeigt Szenen aus dem Leben Christi, die sich durch ihre besonders "bewegte" Darstellung auszeichnen. Getragen wird die Kanzel von acht Säulen, vier davon in Figurenform, sie stellen Christus, den Erzengel Michael, Ecclesia und Herkules dar. Als Mittelstütze dient eine Personifizierung der drei Tugenden Glaube, Liebe und Hoffnung.

Unübersehbar ist die Darstellung des Christus Pantokrator als Mosaik in der Apsis. Es wurde von Cimabue geschaffen. Weiters ist ein riesiger bronzener Leuchter interessant. An ihm soll Galileo Galilei, wohl der berühmteste Sohn Pisas, die Pendelgesetze gefunden haben. Ob das richtig ist, ist nicht ganz unumstritten, denn diese Gesetze sollen vielleicht schon ein paar Jahre bevor dieser Leuchter aufgehängt wurde, von Galileo veröffentlicht worden sein. Und dann gibt es noch viele andere Kunstwerke, unter anderem das Bronzekruzifix des Hauptaltares von Giambologna, die Kassettendecke aus der Renaissancezeit, die Grabstätte des San Ranieri, des Schutzpatrons von Pisa, und das Grabmal Kaiser Heinrich VII, die letzten beiden erwähnten sind uns entgangen.

Als wir die Kirche wieder verlassen, stellen wir fest, dass sich das Wetter verschlechtert hat. Zeitweise tröpfelt es, und es ist vorbei mit diesem wunderschönen strahlend blauen Himmel, der die Fotos von zuvor so positiv beeinflusst hat.

Wir kaufen uns nun Eintrittskarten für den Battistero und den Camposanto Monumentale. Die Taufkirche kommt zuerst dran, denn sie ist über die Mittagszeit geschlossen, da möchten wir noch vorher hinein.

Das Baptisterium ist die größte christliche Taufkirche und wurde unter dem Baumeister Diotisalvi Mitte des 12. Jahrhunderts im romanischen Stil begonnen. Es war als Ergänzung zum Dom konzipiert und sollte sich stilistisch daran anpassen. Nicola und Giovanni Pisano führten den Bau fort.

Um 1300 änderte sich der Baustil, von der Blindloggia im zweiten Stockwerk weg ist das Bauwerk gotisch. An der Gesamtwirkung hat dies allerdings eher wenig verändert.

Die Kuppel kam erst Mitte des 14. Jahrhunderts dazu. Interessant ist dabei, dass sieben Segmente mit roten Ziegeln, fünf Segmente mit Bleiplatten gedeckt sind. Warum? Ich habe es nicht herausgefunden, ich nehme an, dass es auf Geldmangel zurückzuführen ist. (Was allerdings nicht stimmt, aber erst bei unserer nächsten Reise in die Toskana im Mai 2010 habe ich erklärt bekommen, warum die Bedeckung verschieden ist: Die dem Meer zugewandte Seite wurde aufgrund der dort stärkeren Feuchtigkeit nicht mit Blei sondern mit Ziegel versehen.)

Steht man auf der Westseite des Platzes und blickt vom Baptisterium in Richtung Turm, stellt die rote Farbe nun auf einmal doch einen sehr lebhaften Kontrast in dem gesamten Ton-in-Ton-Ensemble dar. Auf den Fotos ist jeweils auf der rechten Seite ein Segment der anderen Bedeckung sichtbar. Auf der Spitze der 55 Meter hohen Kuppel steht eine Bronzestatue Johannes des Täufers.

Das Innere ist hell und schlicht. In der Mitte befindet sich ein oktogonales, ziemlich großes Taufbecken von Bigarelli aus dem 13. Jahrhundert. In dessen Mitte steht wieder eine Johannes-Darstellung.

Besonders hervorzuheben ist auch hier wieder die Kanzel, sie ist sechseckig und freistehend. Sie stammt von Nicola Pisano und ist eines der größten Meisterwerke der romanischen Bildhauerkunst. Nicola ist der Vater von Giovanni, der die Kanzel im Dom geschaffen hat und auch an dem hier befindlichen Kunstwerk schon mitgewirkt hat. Die Kanzel, vor der wir jetzt stehen, ist ungefähr 40 Jahre älter als die im Dom.

Obwohl ich immer Mengen an Fotos mache, habe ich es in diesem Fall geschafft, dass ich keine gute Gesamtaufnahme der Kanzel zur Verfügung habe. Man sieht sie nur im Hintergrund oder von oben und in Detailaufnahmen.

Über eine Treppe kann man in das obere Stockwerk gelangen. Aus einem der Fenster hat man einen schönen, frontalen Blick auf den Duomo, man sieht nur die hochaufragende Fassade und jeweils links und rechts ein Stück des Querschiffs. Dahinter erhebt sich - nicht besonders beherrschend - die Torre Pendente. Leider war das Glas des Fensters nicht ganz sauber, das stört das Foto und macht es an ein paar Stellen verschwommen.

Das Baptisterium hat eine einzigartige Akustik, so sagt zumindest einer der Reiseführer. Es haben auch ein paar Besucher versucht, das auszuprobieren. Als wirklich gelungen würde ich diese Versuche nicht einstufen, man könnte es eher als "Lärm" bezeichnen. Aber man kann den Effekt erahnen.

Als nächstes also der Camposanto Monumentale. Das ist nichts anderes als ein riesiger Kreuzgang, das Wort "monumental" ist also sehr treffend. Um 1200 ließ ein Pisaner Bischof auf der Rückkehr aus einem Kreuzzug Erde des Kalvarienberges aus Palästina nach Pisa bringen, um mit dieser geheiligten Erde einen Friedhof für die Pisaner Adeligen und Bürger zu errichten. Begonnen wurde mit dieser Anlage schon Ende des 13.Jahrhunderts, aber erst nach einigen Unterbrechungen wurde im 15. Jahrhundert das Bauwerk mit prächtigen gotischen Verzierungen fertiggestellt. Es befinden sich hier Grabmonumente und Statuen aus römischer, frühchristlicher und mittelaltericher Zeit. Auch in den letzten Jahren wurden hier noch Menschen bestattet.

Eine Statue stellt Leonardo Fibonacci dar, auch er ist einer der großen Söhne Pisas. Er gilt als der bedeutendste Mathematiker des Mittelalters. Nach ihm benannt ist die Fibonacci-Folge, bei der sich die jeweils folgende Zahl durch Addition der beiden vorhergehenden bildet. Das ist für mich nicht nur interessant, weil ich glaube eine gewisse "mathematische Ader" zu besitzen, sondern auch, weil hier ein Bindeglied zu Kunst und Malerei besteht. Zwei Quotienten aus aufeinanderfolgenden Fibonacci-Zahlen nähern sich nämlich dem "Goldenen Schnitt" an. Damit genug der Mathematik!

Was die Fotomotive anbelangt ist das hier ein Paradies für "Durchblick"-Fotografen. Es finden sich immer wieder sensationelle Ansichten.

Die Fresken im Kreuzgang wurden 1944 schwer beschädigt und teilweise abgenommen. Darunter fand man auch die Vorzeichnungen der Fresken, die Sinopien, die sich im Museo delle Sinopie befinden. In einem Nebenraum des Camposanto wurden Teile der Fresken wieder aufgebracht und können besichtigt werden. Es handelt sich dabei um "Triumph des Todes", "Hölle" und "Jüngstes Gericht", sie werden den Künstlern Francesco Traini und Buffalmacco zugeschrieben. Sie sind in ihrer detailgenauen Beschreibung und intensiven Farbigkeit ungemein beeindruckend. Man kann sich ihrer Wirkung nicht entziehen.

Nach diesem "monumentalen" Erlebnis stehen wir wieder auf der Piazza dei Miracoli. Wir gehen nochmals in aller Ruhe rund um den Dom und schauen auch noch einmal kurz in das Innere der Kirche. Ich bin immer noch nicht fertig damit, Fotos von allen möglichen Blickpunkten aus zu schießen. Speziell die Ablichtung des Schiefen Turmes hat es mir angetan. Unter gewissen Bedingungen kann es sein, dass er auf dem Foto gar nicht schief ausschaut. Das ist eigentlich klar, durch die Aufnahme im Weitwinkel sind die Linien am Bildrand normalerweise stürzend, d.h. die Gebäude neigen sich nach innen. Befindet sich der Turm am Rand des Bildes, kann es sein, dass sich seine Schräge und die Weitwinkelneigung genau aufheben und er somit ziemlich gerade dasteht.

Die Torre Pendente ist wohl die berühmteste Sehenswürdigkeit Italiens. Seine Abweichung von der Senkrechten beträgt immerhin mehr als vier Meter. Er ist 55 Meter hoch, hätte aber eigentlich 100 Meter hoch werden sollen und hat einen Durchmesser von 12 Metern. Natürlich schaut das Bauwerk toll aus, aber es wäre schade, die schöne Stadt Pisa darauf zu reduzieren.

Im Jahre 1173 wurde der Bau unter der Leitung von Bonanno Pisano begonnen. Schon nach kurzer Zeit machte sich die Schieflage bemerkbar, da sich der Boden einseitig senkte. Das vierte Stockwerk war zu dieser Zeit schon vollendet. Nach einem Baustopp von 100 Jahren wurde versucht, die Schräge beim Bau der nächsten drei Stockwerke von oben her auszugleichen. Der "Knick" ist auch deutlich sichtbar. Es folgte wieder eine längere Pause, erst 1350 wurde die Glockenstube aufgesetzt. Galilei soll angeblich von der Spitze des Turmes seine Studien zum Freien Fall durchgeführt haben. Tatsache ist, dass der Turm sich immer weiter neigte und 1990 für Besucher gesperrt wurde, da seine Besteigung mittlerweile zu gefährlich geworden war. Erst 2001 konnte er soweit saniert werden, dass eine Besichtigung wieder möglich ist. Der Brunnen, der sich nicht weit von der Torre Pendente entfernt befindet, wird von drei Putten, die das Wappen der Stadt Pisa tragen, geziert. Er stammt von Vaccà di Carrara.

Nur schwer kann ich mich von der Piazza dei Miracoli losreißen. Hier zum Schluss noch mein Lieblingsfoto dieses wunderschönen Platzes. Es ziert derzeit den Desktop meines PCs.

spätere Anmerkung:
Da wir im Mai 2010 wieder Pisa einen - allerdings ziemlich kurzen - Besuch abgestattet haben, füge ich hier einen Link zu ein paar weiteren Infos und Fotos über die Piazza dei Miracoli und ihre Bauwerke aus meiner Reisegeschichte "Toskana, zweite Auflage" ein.

Wir haben nun einen Rundgang durch die Altstadt Pisas geplant. Vorher meldet sich aber der Hunger, und wir genießen eine Mittagsrast in einem der zahlreichen Restaurants in der Nähe des Domplatzes. Es ist ziemlich voll von Touristen, aber es geht trotzdem alles relativ schnell, und die Pizze waren durchaus in Ordnung.

Der weltliche Mittelpunkt Pisas ist die Piazza dei Cavalieri, schon in der Römerzeit war hier das Forum, aber auch im Mittelalter war hier das politische Zentrum Pisas. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts verlor Pisa seine Unabhängigkeit und kam unter Florentiner Herrschaft. Und es war auf diesem Platz, da symbolisch die Schlüssel der Stadt an die neuen Herrscher übergeben werden mussten. Der Platz ist nicht nur geschichtsträchtig, er ist auch architektonisch gesehen sehr interessant.

Der Palazzo dei Cavalieri, auch Palazzo della Carovana genannt, wurde Mitte des 16. Jahrhunderts von Giorgio Vasari erbaut. Die gesamte Fassade ist mit Sgraffito geschmückt, und Büsten von toskanischen Großherzögen befinden sich in den Mauernischen. Eine Doppeltreppe führt zum Eingang, das Dach springt auffallend weit vor. Vor dem Gebäude steht Cosimo I. Medici. Den Herrn kennen wir schon, er ziert als Reiterstandbild die Piazza della Signoria in Florenz.

Die Chiesa di Santo Stefano di Cavalieri ist die einzige Renaissance-Kirche Pisas. Sie wurde als Ordenskirche der Stephansritter von Vasari errichtet. Im Inneren sind die Holzdecke und die Kriegstrophäen der Ritter, vor allem türkische Fahnen, interessant. Der Altar stammt aus der Barockzeit. Die Kirche ist verschlossen, darum können wir uns das leider nicht in natura ansehen.

Der Palazzo dell'Orologio stammt aus der gleichen Zeit wie der Palazzo dei Cavalieri, er wurde an der Stelle des ehemaligen Hungerturms errichtet, in dem im 13. Jahrhundert Graf Ugolini della Gherardesca zusammen mit seinen Söhnen und Neffen wegen Verrates eingesperrt wurde und dort verhungert ist. Diese Geschichte diente dem Dichter Dante als Stoff für eines seiner Werke.

Die architektonische Wirkung der Piazza dei Cavalieri und ihrer angrenzenden Bauten kommen bei unserem Besuch nicht besonders gut zur Geltung. Der Grund dafür ist ein Flohmarkt, der auf dem Platz aufgebaut ist und sich bis in die davon wegführenden Gassen erstreckt. Das hat auch Einfluss auf meine Fotos. Die Palazzi kamen nicht besonders gut ins Bild, dafür habe ich sehr viele Fotos vom bunten Markttreiben gemacht. Sowas zieht mich immer magisch an.

Mittlerweile scheint wieder die Sonne, und wir lassen uns genügend Zeit, um zwischen den Marktständen und durch die alten Gassen der Stadt zu bummeln. Durch den Borgo Stretto, ein verwinkeltes Stadtviertel mit vielen schönen Arkaden, erreichen wir bei der Piazza Garibaldi den Arno. Der italienische Unabhängigkeitskämpfer gibt nicht nur dem Platz seinen Namen, es ist auch ein Denkmal mit seiner Gestalt dort aufgestellt.

Von dort führt der Ponte di Mezzo über den Fluss. Das ist die wichtigste Brücke in Pisa. Auf der anderen Seite des Platzes befindet sich der Palazzo Gambacorti, heute das Rathaus von Pisa. Das Gebäude stammt aus dem 14. Jahrhundert und soll im Inneren mit schönen Fresken ausgestattet sein, die die einstige Seemacht Pisas dokumentieren. Daneben befinden sich die Logge di Banchi, einstmals Woll- und Seidenmarkt, heute werden hier Bilder ausgestellt und Bücher verkauft. Wir bleiben aber diesseits des Arno, ein Foto aus der Ferne muss genügen. Wie überhaupt ein Tag für Pisa natürlich viel zu wenig ist. Wir haben das Programm gezwungenermaßen von vornherein knapp gehalten.

Wir gehen am Arno entlang und kommen am Palazzo Agostini, einem gotischen Palast mit einer Fassade aus dem 15. Jahrhundert, die ich sehr fotogen finde, und am Palazzo alla Giornata aus dem 16. Jahrhundert vorbei. Der Anblick der im Sonnenlicht liegenden Häuserzeilen der Lungarni, so heißen die parallel zum Arno liegenden Uferpromenaden, finde ich absolut malerisch. Aber das habe ich ja schon am Vormittag bald nach unserer Ankunft festgestellt.

Über den Ponte Solferino überqueren wir nun schließlich wieder den Arno, unser Ziel ist die Chiesa di San Paolo a Ripa d'Arno. Schon im frühen 9. Jahrhundert wurde hier eine Kirche errichtet, die heutige Gestalt erhielt sie erst im 13. Jahrhundert. Sie ist wiederum ein Beispiel der Pisaner Gotik, und ihre Fassade erinnert sehr stark an den Duomo. Das Innere mag interessant sein, aber die Kirche ist verschlossen. Im Hof befindet sich eine Kapelle der Heiligen Agathe. Auch dorthin können wir nicht vordringen. Das macht uns eigentlich gar nicht viel aus. Wir sind nämlich von den vielen Eindrücken des heutigen Tages schon ziemlich müde.

Wir setzen uns auf eine Bank vor der Kirche und lassen die Szenerie auf uns wirken: Die Sonne scheint, aber es ist relativ kühl, kein Wunder, es ist ja November. Es gibt keine Touristen hier. Wenn nicht ein paar Buben mit Begeisterung Fußball spielen würden, wäre es total ruhig an diesem Ort. Der Wind treibt die verfärbten Blätter der Bäume vor sich her. Weiße Wolken jagen über den blauen Himmel. Auf der anderen Seite des Arno ragt der Turm eines Bauwerks in den Himmel, es ist die Torre Guelfa der Cittadella. Das bildet für mich ein schönes Foto-Motiv. Mehr möchte ich darüber heute gar nicht mehr wissen.

Wir beschließen dann, den Rückweg zum Bahnhof anzutreten, um den nächsten Zug zurück nach Florenz zu nehmen. Die Fahrt vergeht sehr schnell, denn ich bin unterwegs vor lauter Müdigkeit ein paar Mal eingenickt. Nach einer Rastpause im Hotel machen wir noch einen abendlichen Rundgang in Florenz. Pisa war toll. Für den nächsten Tag steht Siena am Programm. Auch dieses Ziel wird mich begeistern.

 

Die kleinen Fotos von den Sehenswürdigkeiten kann man anklicken, um ein größeres Foto betrachten zu können.

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