"Drei Tage in der Goldenen
Stadt"
3. Tag: Nationaltheater (Narodni Divadlo),
Tanzendes Haus (Tancici Dum), Kirche St. Kyrill und Method
(Kostel Svateho Cyril a Metodeje), Karlsplatz (Karlovo Namesti),
Wenzelsplatz (Vaclavske Namesti), Karlsgasse (Karlova), Jüdisches
Viertel (Josefov), Kafka-Geburtshaus, Hotel Paris, Gemeinde- oder
Repräsentationshaus (Obecni Dum), Kaffehaus Yessi, Hotel,
Rückreise
Das Frühstück verläuft so wie
gestern. Was sollte sich auch geändert haben? Anders ist,
dass ich heute den Fotoapparat mitgenommen habe, denn die
Hinweistafeln im Frühstücksbereich müssen
unbedingt festgehalten werden.
Ich
sehe ja ein, dass man den Besuchern hier mitteilt, dass sie nicht
rauchen dürfen, ich möchte auch gar nicht, dass das
jemand tut, es würde mich ziemlich stören. Ich sehe
auch ein, dass es nicht in Ordnung ist, sich nach dem Frühstück
noch die Taschen zu füllen, um später eine Jause zu
haben. Aber dass man dann gleich einen "Tarif" dafür
anführt, der zu entrichten ist, wenn man sich an die Verbote
nicht hält, das finde ich wirklich lustig.
Das heißt also: Wenn dir dein geliebtes
Morgenzigaretterl vielleicht sogar 500 Kronen wert ist, dann
paffe ruhig! Wenn du eventuell 10 Euro dafür zu zahlen
bereit bist, bediene dich ruhig am Frühstücksbuffet! Na
gut, an diesem Buffet würde sich für 10 Euro
ohnehin keiner vergreifen! Man beachte bitte auch, dass die
Verbotsübertretung des Rauchens in Kronen und das verbotene
Mitnehmen von Essen vom Frühstücksbuffet in Euro
beglichen werden muss. Es wird schon irgendeinen Grund dafür
geben.
Wir fragen dann an der Rezeption, ob wir unsere
Koffer bis zum Abreisezeitpunkt am späten Nachmittag im
Hotel deponieren können. Ja, wir können. Es kostet
etwas, und das ist wirklich nur ein Pappenstiel, aber immerhin,
es ist wieder eine kleine Einnahmequelle, die man anzapfen kann.
Ich
will dann von der Dame an der Rezeption noch erfahren, wo sich
ein ganz bestimmtes, modernes Gebäude befindet (und zwar das
"tanzende Haus", aber zu diesem Zeitpunkt weiß
ich den Namen dafür nicht). Ich habe mit Michael vor der
Reise im Internet ein Foto davon gesehen, habe mir dann aber
darüber nichts notiert, und es ist uns erst wieder hier in
Prag eingefallen. An das Foto kann ich mich noch erinnern. Ich
beschreibe also der Rezeptionistin, wie es aussieht. Nach einigem
Hin und Her bekomme ich auch eine Antwort. In diesem Moment bin
ich mir aber nicht sicher, ob sie nicht einfach irgendwas gesagt
hat, um mich loszuwerden.
Wir
machen uns also auf den Weg, ein Stück fahren wir mit der
U-Bahn, dann geht es zu Fuß weiter. Wir erreichen die
Straße, die entlang der Moldau nach Süden führt.
Wir kommen am Nationaltheater (Narodni Divadlo) und am
Goethe-Institut vorbei. Letzeres fällt mir nur auf, weil es
so eine schöne Eingangstür hat. Die wird natürlich
sofort aufs Foto gebannt.
Das tanzende Haus (Tancici Dum) ist an der
beschriebenen Stelle und somit schnell gefunden. Es gefällt
mir gut, ist mal was anderes, irgendwie witzig. Zu Hause
angekommen habe ich auch Wikipedia dazu befragt. Dort erfahre
ich, dass es 1996 fertiggestellt wurde und damals zu heftigen
Diskussionen Anlass gegeben hat. Im Volksmund wird es auch
"Ginger und Fred" (nach Ginger Rogers und Fred Astaire)
genannt. Der verdrehte Gebäudeteil ist die Tänzerin und
der gerade der Tänzer mit seinem Hut, naja für mich
schaut das mehr wie ein Vogelnest aus. Hier in der Neustadt (Nove
Mesto) gibt es viele Häuser mit schönen Fassaden. Zwei
Beispiele dafür sind auf den Fotos zu sehen.
Wir verlassen nun wieder die Strasse
entlang der Moldau und gehen in Richtung Karlsplatz (Karlovo
Namesti). Wir kommen an der Kirche St. Kyrill und Method (Kostel
Svateho Cyril a Metodeje) vorbei. Diese Kirche ist ein Symbol des
tschechischen
Widerstandes gegen den Nationalsozialismus. Es hatten sich
nämlich hier 1942 Widerstandskämpfer nach dem Attentat
auf Reinhard Heydrich verschanzt. Als die Kirche gestürmt
wurde, fielen sie im Kampf oder verübten in aussichtsloser
Lage Selbstmord.
Man kann zwar nicht hinein, aber durch
eine Glasscheibe ist der ganze Innenraum der Kirche gut sichtbar.
Sie gefällt mir sehr gut. Sie schaut aus wie eine orthodoxe
Kirche, aber ich habe bis jetzt nicht herausgefunden, ob meine
Annahme richtig ist. Auch von außen finde ich sie sehr
fotogen.
Wir überqueren den Karlsplatz und
gehen in Richtung Wenzelsplatz. Hinter dem Nationalmuseum
(Narodni Muzeum) blühen die Forsythien, das erlaubt ganz
vorsichtige Frühlingsgefühle, aber gleichzeitig beginnt
es auch schon wieder zu tröpfeln. Kurz kommt uns die Idee,
das Museum zu besuchen, da wir eigentlich genug Zeit haben. Noch
bevor wir aber überhaupt schlüssig sind, ob uns das
wirklich interessiert, biegen wir um die Ecke zur Vorderfront.
Und was sehen wir da: eine lange, lange Schlange. Wir brauchen
nicht mehr nachzudenken, ob wir sollen oder nicht.
Wir durchqueren dann das
Einkaufsviertel in der Gegend um den Wenzelsplatz. Wir schauen in
ein paar Kaufhäuser hinein, ob uns etwas Brauchbares in die
Quere kommt. Wir hätten auch noch ein paar Kronen zu
verprassen. Aber wir finden nichts. So wenden wir uns wieder der
Altstadt zu.
Wir sind hungrig und landen in einem
Chinesischen Restaurant in der Karlsgasse unweit des
Kreuzherrenplatzes. Wir wollen
keine Experimente mit touristischer, böhmischer oder
sonstiger Küche mehr machen. Wir haben es hier auch gut
getroffen. Die Portionen sind klein, absolut richtig für
einen Mittagsimbiss, der Preis ist angemessen, und es hat uns
sehr gut geschmeckt. Der Neptun hat zwar mit China nicht wirklich
was zu tun, aber ich finde, dass seiner steinernen "Grauheit"
die roten Lampions und die gelben Forsythien sehr gut stehen.
Nun sind wir ein wenig
orientierungslos. Wir haben noch Zeit übrig, ein wirklich
wichtiges Ziel auf unserer Reise gibt es nicht mehr. Der Zug geht
erst in ein paar Stunden. Wir müssen vorher noch ins Hotel,
um unser Gepäck zu holen. Zunächst erwägen wir,
nochmals über die Karlsbrücke zu spazieren und die
schöne Aussicht auf die Burg zu genießen. Aber beim
Altstädter Brückenturm ist ein derartiges Gedränge
und Geschiebe, dass es uns nicht sonderlich erstrebenswert
scheint, das umzusetzen. Darum beschließen wir, im Bogen um
die Altstadt zu spazieren.
Wir kommen am Neuen Rathaus vorbei,
durchqueren noch einmal das Jüdische Viertel, fotografieren
die Gedenktafel am Geburtshaus von Franz Kafka, kommen am Café
Kafka und am Restaurant Svejk in der Siroka vorbei. Jaroslav
Hasek ist der Schöpfer der bekannten literarischen Gestalt
des "Braven Soldaten Schwejk". Bei diesem Restaurant
handelt es sich aber nicht um das Restaurant Zum Kelch (U
Kalicha), das offensichtlich den Originalschauplatz für
diesen Roman darstellt, dieses befindet sich nämlich in der
Neustadt, das habe ich aber erst nachträglich
herausgefunden. Wir sind dort nicht vorbeigekommen.
Wir gehen dann weiter in Richtung
Republik-Platz (Namesti Republiky). Das Hotel Paris, verziert mit
Jugendstilelementen, ist wunderschön. Das Gemeinde- oder
Repräsentationshaus (Obecni Dum), das wir schon am ersten
Tag gesehen haben, sieht auch von hinten sehr reizvoll aus.
Wir haben nun aber einfach keine Lust
mehr herumzustreunen. Es ist noch immer unfreundlich kalt. Wir
halten daher nach einem Kaffeehaus Ausschau, in dem es sich bis
zur Abreise gut aushalten lässt. In der Nähe des
Republik-Platzes werden wir fündig. Wir betreten das
Yessi-Café im Einkaufszentrum Stara Celnice. Das Design in
Erbsgrün und Aubergine gefällt mir ausnehmend gut. Die
Sessel sind gemütlich, die Musik ist angenehm. Gerhard und
Michael begeben sich zur Bar, um etwas für uns auszusuchen.
Es ist Selbstbedienung hier.
Nach einer Weile kommen sie mit zwei
Irish Coffee für Gerhard und mich und einer heißen
Schokolade für Michael sowie einem extrem "schokoladigen"
Tortenstück für jeden von uns zurück. Ich schwelge
so richtig süß in süß. Das was wir zu
Mittag an Kalorien eingespart haben, holen wir jetzt doppelt und
dreifach nach. Wir lassen uns viel Zeit. Gerhard und ich sitzen
und schauen, unser Sohn hat sich hinter den "Herald Tribune"
gehängt und ist für eine Weile nicht ansprechbar. Das
Lokal ist total "durchgestylt" und sehr gepflegt,
überall Pflanzen und Blumen, alles passt zusammen. Besonders
beeindruckt mich schließlich noch, dass im Vorraum zu den
Toiletten neben dem Waschbecken ein großer Strauß
gelber Tulpen steht.
Hier habe ich mich mit vielem wieder
ausgesöhnt, dem kalten Wetter, dem nicht unbedingt guten
Essen, den touristischen Massen und Menschenschlangen. Es war ein
angenehmer, gemütlicher Abschluss unserer kurzen Reise.
Wir kaufen uns dann noch nebenan im
Einkaufszentrum Mineralwasser und etwas zum Naschen für die
Fahrt, obwohl wir im Moment natürlich mehr als angegessen
sind. Aber es dauert ja doch noch eine Weile, bis wir wieder zu
Hause sind. Dann geht es zurück ins Hotel, um die Koffer
abzuholen und anschließend mit der U-Bahn direkt zum
Bahnhof.
Hier ist unheimlich viel los, Gedränge
und Hektik. Wir haben noch genug Zeit bis zur Abfahrt. Wir machen
nun die Bekanntschaft von zwei Damen. Die beiden sind uns schon
in der U-Bahn aufgefallen, weil sie beim Aussteigen nervös
gedrängelt und in der Tür dann aber nicht weiter getan
haben. Als sie uns ansprechen, bin ich zunächst einmal
skeptisch und vorsichtig. Man weiß ja nicht, was sie im
Schilde führen.
Die eine ist eine temperamentvolle,
gesprächige Dame, die andere eher zurückhaltend. Die
Gesprächige also fragt uns nach dem Zug nach Venedig. Die
Unterhaltung gestaltet sich äußerst schwierig, denn
sie kann leider gar nicht Englisch, Französisch nur ein paar
Brocken, sonst nur Spanisch, aber das können wir nicht. Aber
mit viel Geduld und Hin- und Her-Gequassel funktioniert die
Verständigung. Wir erfahren, dass sie Mexikanerinnen sind
und schon jahrelang mit Begeisterung kreuz und quer durch Europa
reisen. Warum sie dann noch immer so extrem nervös sind, ist
mir schleierhaft. Die jetzige Reise führt sie von Dresden
nach Prag, von hier nach Venedig, dann nach Paris und in ein paar
Wochen wieder nach Hause. Wir kommen dann drauf, dass sie
offensichtlich in den gleichen Zug gehören wie wir, nur eben
in andere Waggons, denn wir nehmen an, der Zug wird in Salzburg
oder Villach geteilt.
Sie sind dankbar, dass wir uns
bemühen, ihnen zu helfen, sind aber doch nicht zufrieden und
sausen ständig irgendwo herum, um weitere Informationen
einzuholen oder die von uns gelieferten bestätigt zu
bekommen. Ihr Gepäck liegt derweilen vertrauensvoll zu
Gerhards Füßen. Mich macht das eher ein wenig nervös.
Was ist wenn wir zum Zug müssen und die zwei kommen nicht
zurück und wir haben ihr Gepäck? Aber das passiert
nicht. Wir lotsen sie noch zum richtigen Bahnsteig und steigen
dann selber in den Zug. Der Gedanke an die nervöse, aber
total freundliche, herzliche Person beschäftigt mich noch
eine Zeitlang. Ich sehe immer noch ihre sensationell großen
schönen Augen vor mir.
Der Zug ist sehr voll. Es sind lauter
junge tschechische Leute, die da fahren. Ich habe den Eindruck,
dass es großteils Studenten sind. In unserem Abteil sitzt
eine junge Frau, ein Bekannter von ihr steht draußen auf
dem Gang vor dem Abteil, er hat keinen Sitzplatz mehr bekommen.
Die beiden unterhalten sich stundenlang, relativ laut und sehr
gut gelaunt. Es sind lauter sympathische junge Leute. Ich muss
aber sagen, ich kann dem Tschechisch einfach nichts abgewinnen.
Ich habe mich zwar in den letzten drei Tagen ein wenig daran
gewöhnt, aber es wird mir ganz bestimmt nicht abgehen, eine
harte unmelodische Sprache ist das.
Die Fahrt verläuft ohne
irgendwelche Besonderheiten. Ziemlich müde steigen wir
spätnächtens in Linz aus dem Zug und fahren mit unserem
Auto weiter nach Hause.
Die
kleinen Fotos von den Sehenswürdigkeiten kann man anklicken,
um ein größeres Foto betrachten zu können.
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