Helga Buchegger
Reisegeschichten

 

"Grenzland"

 

3. Tag:
Freiburg (Freiburger Münster, Historisches Kaufhaus, Augustinerplatz, Martinstor, Fischerau, Gerberau, Haus zum Walfisch, Martinskirche, Altes und Neues Rathaus), Staufen (Historisches Rathaus, Gasthaus zum Löwen, Altstadt)

Das Unwetter in der Nacht hat seine Spuren hinterlassen. Die Hausherrenfamilie unserer Ferienwohnung ist schon am Morgen mit Aufräumungsarbeiten beschäftigt. Insgesamt werden sie zwei Tage dazu brauchen, um wieder alles halbwegs in Ordnung zu bringen. Das viele Wasser hat die stark abschüssige Zufahrt zur Garage komplett ruiniert, die Wassermassen mit dem dabei mitgeführten Material hat es zum Garagentor hineingedrückt.

Wir unterhalten uns kurz mit der Hausfrau und bedauern, dass sie so viel Arbeit durch das Unwetter haben. Sie meint aber, dass sie eigentlich noch ziemliches Glück gehabt haben, denn im Tal weiter unten stehen sehr viele Keller unter Wasser, die Feuerwehr kommt kaum nach mit dem Auspumpen, im benachbarten Tal musste in der Nacht ein Campingplatz evakuiert werden. So gesehen ist eine kaputte Garagenzufahrt und eine dreckige Garage noch relativ harmlos.

Heute steht nun wirklich Freiburg auf unserem Programm. Wir nehmen die richtige Abzweigung und sind nach nicht allzu langer Fahrt dort. Wir parken in einem Parkhaus eines Einkaufszentrums relativ nahe der Altstadt. Nach einem kurzen Stück Weges sehen wir schon den Turm des Münsters (Link zur WebSite des Münsters). Der durchbrochene Turmhelm und große Teile der Fassade sind eingerüstet. Der "schönste Turm auf Erden" (Zitat eines Kunsthistorikers im 19. Jahrhundert) zeigt sich also leider nicht in seiner ganzen Pracht. Außerdem ist der Platz um das Münster nicht sonderlich groß. Das heißt man kann zum Fotografieren nicht recht weit zurücktreten. So gibt es eben kein wirklich effektvolles Außen-Foto.

Wir wollen nun zuerst einmal in das Innere des Münsters. Der erste Eindruck ist ziemlich düster aber gleichzeitig auch sehr stimmungsvoll und schön. Der Zugang zum Kapellenkranz rund um den Hochchor wird gerade geschlossen, aber man lässt uns noch passieren. Das war ein Zufall, denn ich nehme an, dieser Bereich des Münsters ist nur zeitweise zugänglich.

Diese Kapellen, 10 an der Zahl, sind nach den Stifterfamilien benannt und weisen eine Reihe von Kunstwerken auf. Mir fällt besonders ein Wandkreuz auf, das mir auf den ersten Blick sehr "modern" vorkommt. Es ist aber schon um 1220 gemacht worden und besteht aus vergoldetem Silber. Es verbindet mehrere österliche Motive zu einem Ganzen. Von hier aus kann man auch die Rückseite des Hochaltares betrachten. Sie zeigt eine Darstellung der Kreuzigungsszene.

Wir können nun auch noch unmittelbar vor dem Hochaltar den Altarraum durchqueren und von dort in das Langhaus der Kirche schauen, ein sehr schöner Ausblick, der sich uns von hier aus bietet. Der Altar ist ein Flügelaltar. Der Hauptteil zeigt die Krönung Marias, auf den Flügeln sind je sechs Apostel dargestellt. Zur Weihnachtszeit sind vier andere Szenen aus dem Leben Marias sichtbar. Dann müssen wir aber die Kirche über einen Seiteneingang verlassen, denn der Zugang in den Hauptteil der Kirche ist von hier aus nicht möglich.

Wir betreten also durch einen anderen Eingang wieder das Münster, um uns im normalerweise zugänglichen Bereich genauer umzusehen. Leider werden wir einige Minuten später von einer freundlichen Ordensschwester wieder verscheucht, die alle Besucher zur mittäglichen Andacht einlädt und bittet, in dieser Zeit nicht im Gotteshaus herumzugehen. Na gut, dann kommen wir eben später wieder, ist ja kein Problem.

Rund um das Münster findet der Markt statt, der ganze Platz wird davon eingenommen. Es gibt Unmengen von Blumen, Gemüse und Kräutern und jede Menge Imbiss-Stände. Besonders fallen mir die Wurst-Standeln auf, die Auswahl an hiesigen und französischen Wurstspezialitäten ist groß.

 

 

 

 

 

Auf der anderen Seite des Münsters dominieren eher die Haushalts- und Geschenkwaren. Die Stände mit den Bürsten haben es mir angetan, nicht dass ich irgendwas davon brauchen würde, aber mir gefällt so gut, wie diese Flaschenbürstchen in unterschiedlichen Größen da aufgehängt sind. Das schaut irgendwie "putzig" aus.

Wir machen nun einen Rundgang um den gesamten Münsterplatz, und ich mache Fotos von der Fassade des Münsters, vom Hauptportal und von den Gebäuden rundherum. Die Figuren auf dem Hauptportal haben eine interessante Farbgebung, zartbunt oder wie immer man das ausdrücken mag.

Der Platz wird von schönen, alten Gebäuden umrahmt. Das Kornhaus fällt durch seinen getreppten Giebel auf. Aber noch mehr sticht das Historische Kaufhaus ins Auge, und zwar aufgrund seiner intensiven roten Farbe und der goldenen Details. An der Fassade sind vier habsburgische Herrscher zu sehen. Das Gebäude stammt aus dem 16. Jahrhundert, wurde aber mehrmals umgebaut.

Wir schließen nun einen kleinen Stadtrundgang an, bevor wir uns dann später nochmals dem Innenraum des Münsters zuwenden werden. Neben dem Historischen Kaufhaus führt das ganz schmale Kaufhausgässle in Richtung Augustinerplatz. Das ehemalige Augustinereremiten-Kloster beherbert heute das Augustinermuseum und ist zur Zeit eine Großbaustelle. Die Sonne kommt gerade ein wenig zwischen den Wolken hervor. Im Kaffeehaus sitzen einige Leute und auch auf den Stufen des Platzes haben es sich welche gemütlich gemacht. Wenn man die Baustelle im Rücken hat, ist hier ein netter Platz zum Verweilen.

Wir gehen durch kleine Gassen der Fußgängerzone bis zum Martinstor und erreichen dort die sehr geschäftige Haupteinkaufsstraße Freiburgs, die Kaiser-Joseph-Straße. Die erste urkundliche Erwähnung des Martinstores stammt schon aus dem 13. Jahrhundert. Es wurde aber immer wieder umgebaut und verändert, Anfang des 20. Jahrhunderts sogar von 20 auf 60 Meter erhöht und mit einen Dachaufbau versehen. Der danebenliegende Torbau wurde zur gleichen Zeit errichtet.

Kreuz und quer durch die Fußgängerzone kommen wir auch durch das Universitätsviertel. Wir überqueren dann nochmals die Hauptader Kaiser-Joseph-Straße und gehen in Richtung Gerberau und Fischerau. Diese beiden zueinander parallel liegenden historischen Gässchen am Wasser stehen noch auf unserer Besichtigungsliste. In den alten Gebäuden gibt es viele Kaffeehäuser und hübsche Geschäfte. Es ist ausgesprochen malerisch hier. Im geöffneten Fenster einer Modeboutique liegt ein Tablett mit Mehlspeisen .... zum Reinbeißen!

Die Freiburger "Bächle" sind kleine Wasserrinnen in vielen Gassen der Altstadt. Sie sind ein Wahrzeichen dieser Stadt. Sie dienten früher der Wasserversorgung und Brandbekämpfung und wurden schon im 13. Jahrhundert urkundlich erwähnt.

Wir begeben uns nun zurück zum Münster. Wir hatten ja noch keine Gelegenheit, uns den Innenraum in Ruhe anzuschauen und zu fotografieren. Die Fotos sind nicht alle optimal, speziell die eine Rosette in Großaufnahme (es gibt zwei davon, sie befinden sich auf beiden Seiten des Hauptportales) hält die Vergrößerung eigentlich nicht mehr aus.

Fundamentreste einer früheren Kirche gehen zurück bis ins 12. Jahrhundert, also in die Zeit, in der Freiburg von den Zähringern gegründet wurde. Zu Beginn des 13. Jahrhunderts wurde mit dem Bau einer romanischen Kirche begonnen, der aber später im gotischen Stil fortgeführt wurde. Der Turm ist der einzige noch im Mittelaltar fertiggestellte gotische Großturm in Deutschland. In der Spätgotik wurde noch der Kapellenkranz, den wir am Vormittag schon besichtigt haben, hinzugefügt und in der Folge der romanische Chor entfernt. Im 16. Jahrhundert wurde das Münster um eine Renaissance-Vorhalle erweitert.

Im Jahr 1944 wurde das Münster, anders wie viele der umliegenden Gebäude, wie durch ein Wunder nicht durch Luftangriffe zerstört.

Unser Weg führt uns zum Abschluss noch in das Gebiet um den Rathausplatz. Im Haus zum Walfisch wohnte in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts Erasmus von Rotterdam. Das Gebäude brannte 1944 ab und wurde rekonstruiert. Es diente als Szenerie für den Horrorfilm Suspiria. Das habe ich erst nachträglich auf Wikipedia gelesen. Horrorfilme gehören gerade nicht zu meinen Interessen, ich finde nur, dass es ein schönes Haus ist. Diese rote Farbe kehrt in Freiburg des öfteren wieder. Die in unmittelbarer Nähe liegende Martinskirche und das Alte Rathaus sind ebenfalls in dieser Farbe gestrichen, genauso wie das Historische Kaufhaus am Münsterplatz, das wir ja schon gesehen haben.

Die gotische Martinskirche ist ein Teil des heute nicht mehr erhaltenen Franziskanerklosters. Das Innere ist schlicht und relativ hell, es kommt viel Tageslicht bei den Fenstern herein.

Das Alte und das Neue Rathaus stehen am Rathausplatz, nur durch eine Gasse getrennt, unmittelbar nebeneinander. Das Alte Rathaus wurde ebenfalls 1944 bis auf die Außenmauern zerstört und später wieder aufgebaut.

Gegenüber befindet sich ein Brunnen mit dem Standbild des Franziskanermönches Berthold Schwarz, der angeblich der Erfinder des Schwarzpulvers war. Diese Tatsache ist äußerst umstritten, es ist nicht einmal ganz sicher, ob es den guten Mann überhaupt wirklich gegeben hat.

Auf dem Rückweg zu unserem Auto begegnen wir noch dem Konterfei Kaiser Maximilians I. an einer Hausfassade.

Die nächste Station am heutigen Tag ist das "Faust"-Städtchen Staufen, das nicht sehr weit in südlicher Richtung von Freiburg entfernt ist. Staufen hat eine sehenswerte, gepflegte Altstadt und wird von der Ruine Staufen, die auf einem nahen Hügel liegt, überragt.

Das Historische Rathaus beherbergt ein Museum. Es ist wie der davorliegende Brunnen über und über mit Blumenschmuck verziert. Das gefällt mir sehr gut, wenn ich auch statt der rosa Blumen rote ausgesucht hätte, wenn mich jemand um meine Meinung gefragt hätte. Das hätte zu den rötlichen Fensterumrahmungen und roten Wappenfeldern besser gepasst. Das Rathaus ist ein Stück zurückgesetzt, daher bildet sich dort ein kleiner Platz.

Gleich daneben befindet sich das Gasthaus zum Löwen. Dort soll im 16. Jahrhundert der sagenumwobene Alchimist Dr. Johann Georg Faust gelebt haben, der Johann Wolfgang von Goethe als Inspiration für sein Drama diente.

Im Jahr 1539 soll dieser besagte Dr. Faust durch eine Explosion bei einem alchimistischen Experiment in eben diesem Gasthaus ums Leben gekommen sein. Eine Inschrift besagt, dass einer der Oberteufel, Mephistopheles, ihm nach Ablauf eines Paktes das Genick gebrochen und ihn damit der Ewigen Verdammnis überantwortet habe.

In einem kleinen Hof ein paar Häuser weiter schart sich gerade eine kleine Gruppe Kinder um einen äußerst lebendigen, menschlichen Mephisto. Ein junger Schauspieler, dementsprechend gekleidet, unternimmt mit den Kindern einen Erkundungsgang auf den Spuren von Faust und Mephisto durch das Städtchen bis hinauf zur Burgruine.

Wir begegnen dem Haufen ein paar Mal, während wir durch die Altstadt flanieren. Ich finde die Idee ausgesprochen gut. Die Kinder sind total gefesselt von seinen Erzählungen.

Der Dialekt hier ist "i"-süchtig. Dass man zu Wein "Wi" sagt, verstehe ich ja noch, aber dass man das gleich mit Doppel-"i" schreiben muss, ist für mich ziemlich verwirrend. Wenn ich das Wort aus dem Zusammenhang gerissen gesehen hätte, hätte ich nicht kapiert, was damit gemeint ist. In dieser Gegend haben auch viele Geschäfte französische Namen.

Wir treten nun den Heimweg an. Wir fahren zwar nicht direkt nach Hause, sondern machen einen Bogen durch das Gebiet um den Kaiserstuhl. Zuerst gab es den Gedanken dort zu Abend zu essen, aber es ist dafür noch ein wenig zu bald und für weitere Besichtigungen sind wir schon zu müde. Wir haben heute in Freiburg ziemlich viel Kilometer gemacht.

Wir entschließen uns daher, lieber in einem Supermarkt in der Nähe unseres Ortes einzukaufen und es uns am Balkon mit einer Flasche Wein gemütlich zu machen. Leider ist es schon ein sehr kühler Abend, das Unwetter der vergangenen Nacht hat ganz plötzlich den Herbst gebracht. Wir haben zwar den Rest der Woche noch halbwegs annehmbares Besichtigungswetter (mit wenigen regnerischen Ausnahmen), aber so richtig warm wird es nicht mehr, nur manchmal untertags für kurze Zeiträume, wenn die Sonne rauskommt.

 

Die kleinen Fotos von den Sehenswürdigkeiten kann man anklicken, um ein größeres Foto betrachten zu können.

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