"Grenzland"
7. Tag und Rückreise: Fähre
Rhinau-Kappel, Chateau du Haut-Koenigsbourg (Ausstellung
"Betreten der Baustelle erwünscht, 1908-2008"),
Riquewihr/Reichenweier (Altstadt, Dolder, Tour de
Voleur/Diebsturm), Chateau de Kintzheim (Greifvogelvorführung),
Rückreise am nächsten Tag
Wir benützen die gleiche Fähre wie am
Tag zuvor. Heute ist das Wetter viel besser. Darum gibt es davon
auch Fotos mit blauem Himmel.
Dass wir gestern das Chateau du
Haut-Koenigsbourg (Hohkönigsburg, der deutsche Name sieht
aus, als hätte man einen Tippfehler gemacht, aber es heißt
offensichtlich wirklich "Hoh.." und nicht "Hoch...";
Link
zur WebSite der Burg) aufgrund des miesen Wetters nicht
besichtigt haben, lässt uns doch nicht so wirklich in Ruhe.
Also heute der zweite Versuch!
Die Burg liegt in gut 700 m Höhe
auf einem Sandsteinfelsen. Sie wurde im 11. Jahrhundert als
staufische Reichsburg erbaut. In der Folge wechselte sie mehrere
Male den Besitzer, bis sie zu Beginn des 15. Jahrhunderts an
Kaiser Maximilian I. und damit an die Habsburger fiel. Im
Dreißigjährigen Krieg wurde sie 52 Tage lang von den
Schweden belagert, erobert, in Brand gesteckt und dadurch
weitgehend zerstört. Über 200 Jahre lang war die Ruine
dann wieder in wechselndem Besitz und gehörte ab 1871 zum
Deutschen Reich, da nach dem Deutsch-Französischen Krieg das
Elsass abgetreten worden war. Kaiser Wilhelm II. ließ die
Burg zwischen 1901 und 1908 vom Berliner Architekten Bodo Ebhardt
restaurieren und als Museum einrichten.
Das, was wir hier zu sehen bekommen, ist also
noch vergleichsweise jung. Das hat mich anfänglich ein wenig
skeptisch gemacht. Sowas nachträglich Zusammengekittetes,
Nachgebautes, ist das wirklich interessant? Die Skepsis war aber
unbegründet.
Anlässlich des 100-Jahr-Jubiläums der
Restaurierung hat man nämlich eine wirklich tolle
Ausstellung in Szene gesetzt. Sie nennt sich "Betreten der
Baustelle erwünscht!", und es wird dabei großer
Wert darauf gelegt, zu zeigen, wie aus den alten Ruinenresten die
neue Burg erwachsen ist. Es gibt viel vergleichendes Fotomaterial
und es wird auch ausführlich über Details der
Restaurierung berichtet. Alles in allem sehr gelungen aus meiner
Sicht!
Der Rundumausblick von der Burg ist gewaltig. Man
kann endlos weit ins Land schauen. Ganz winzig kann man sogar die
schneebedeckten Alpen erkennen.
Vorbei an alten Kanonen und Geschützen kommt
man durch Räume, in denen erklärt wird, wie in der Zeit
der Restaurierung diverse Fundstücke auf dem Burggelände
und in der Umgebung zusammengetragen wurden und es gibt auch eine
Zeittafel mit der Geschichte der Burg und mit Informationen über
den zeitlichen Ablauf der Aufbauarbeiten.
Der Film "La Grande Illusion" (1937,
Regisseur Jean Renoir) wurde zum Teil in Räumlichkeiten auf
Haut Koenigsbourg gedreht. Man kann die Stiege sehen, über
die einer der Hauptdarsteller, Pierre Fresnay, in diesem Film
gegangen ist. Naja, ..... das ist schon ziemlich lange vor meiner
Zeit. Das gibt mir nicht wirklich was, aber es dürfte ein
bekanntes Werk der Filmgeschichte sein.
Die Windmühle wirkt auf mich ein
wenig deplatziert, aber vielleicht liege ich da auch falsch. Es
schaut jedenfalls ziemlich komisch aus.
In einem der Burghöfe hat man
einen mittelalterlichen Garten angelegt. Ich habe das Gefühl,
man hat sich sehr viel Mühe genommen, um ihn schön zu
gestalten. Aber da der Sommer schon zur Neige geht und
wahrscheinlich auch durch die vergangenen Unwetter schaut alles
ein wenig zerzaust und öde aus. Nur die Malven blühen
noch zahlreich am Gemäuer, und der Hopfen rankt sich dicht
um die dafür aufgestellten Stangen.
Nur einen Katzensprung von
Haut-Koenigsbourg entfernt liegt das kleine Städtchen
Riquewihr (Reichenweier), ein Weinbauort und außerdem
Touristenmagnet wegen des inklusive der Stadtmauern fast gänzlich
erhaltenen Stadtbildes aus dem 16. Jahrhundert. Rund um die
Stadtmauern erstreckt sich ein Ring von Gebührenparkplätzen,
man bezahlt 2 Euro und kann damit fünf Stunden lang parken.
Ich finde das durchaus preiswert, zumal man diesen Betrag
praktisch als Eintritt in ein bildhübsches Freilichtmuseum
bezeichnen könnte. Ich finde das auch sehr klug gemacht,
denn die Zeit ist so gewählt, dass man neben einem
entspannten Stadtbummel auch noch locker Zeit findet, die
Gastronomie dieses Ortes zu frequentieren.
Wir haben das auch so gemacht. Wir lassen uns in
einem kleinen Lokal (Restaurant Au Vignoble) nieder, zu dem man
ein paar Stufen hinuntersteigen muss. Gerhard hat sich
offensichtlich mittlerweile daran gewöhnt, dass er im Elsass
ist und er daher französisch, nicht italienisch reden soll.
Die ausgesprochen nette Kellnerin verwendet auch die französische
Sprache. Man könnte daraus schließen, dass sie nicht
deutsch kann, denn sonst hätte sie sicher freundlicherweise
mit uns deutsch gesprochen.
Falsche Schlussfolgerung! Einige Zeit später bestellen
ebenfalls deutsch sprechende Gäste auf Französisch, und
sie spricht in einem fast akzentfreien Deutsch mit ihnen weiter.
Mein Gerhard muss sie mit seinem Französisch offensichtlich
überzeugt
haben.
Heute ist es an der Zeit, endlich einmal
auszuprobieren, was ein "Baeckeoffe" ist. Gerhard
bestellt sich dieses Gericht, ohne zu wissen, was ihn erwartet.
Michael entscheidet sich für eine Pizza. Ich bestelle mir
"Choucroute avec 5 viandes", das ist weniger mutig,
denn da kann ich mir etwas darunter vorstellen. Also ein
Baeckeoffe ist ein traditioneller elsässischer Eintopf mit
Fleisch und viel Gemüse, der in einem Tongeschirr im Ofen
gegart wird. Meine Speise würde man in Österreich einen
Bauernschmaus nennen, bei uns sind da allerdings zusätzlich
noch Semmelknödel dabei. Es hat alles sehr gut ausgeschaut
und auch so geschmeckt.
Nach dem Essen setzen wir den Rundgang durch
Riquewihr fort. Der Dolder, ein mittelalterlicher Torturm ist das
Wahrzeichen von Riquewihr. Auffallend ist vor allem seine der
Stadt zugewandte Seite, sie ist mit Fachwerk verziert. Unweit
dieses Turms befindet sich das Musée de la Tour de Voleur
(Museum im Diebsturm) mit einer mittelalterlichen Folterkammer.
Die will ich nicht sehen, aber der Hof mit dem Brunnen ist
hübsch, und an der Kassa sitzt ein großer, sehr
sanftmütig wirkender Hund.
Es fällt einem direkt schwer, diese hübsche
Stadt wieder zu verlassen. Aber wir wollen uns heute noch die
Greifvogelvorführung auf Chateau de Kintzheim anschauen. Das
wird der letzte Programmpunkt in diesem Urlaub sein. Wir müssen
nochmal ein Stück des Weges zurückfahren in Richtung
Haut-Koenigsbourg. Es gibt am Nachmittag zwei Vorführungen,
eine um 15 Uhr und eine um 16 Uhr. Die erste haben wir knapp
versäumt, aber das stellt sich eher als Vorteil heraus, denn
wir sehen von der ersten Vorführung noch einen Großteil
und dann die zweite ganz. Da das Programm ein wenig
unterschiedlich ist, ist es dadurch sogar eine Bereicherung.
Ich
bitte um Nachsicht, manche der Greifvogelbilder-Nahaufnahmen sind
nicht ganz
scharf. Und die Aufnahmen direkt von der Vorführung lassen
auch sehr zu wünschen übrig. Tiere, und ganz besonders
fliegende Vögel, sind eben nicht ganz leicht aufs Foto zu
bannen.
Ich bin auch leider "eine Niete", was
die Namen der verschiedenen Vogelarten angeht. Die meisten habe
ich mir nicht gemerkt, darum verzichte ich gleich generell auf
die genaue Bezeichnung.
Die Vorführung wird französisch
moderiert, aber man bekommt die wichtigen Dinge ganz leicht mit.
Neben dem Sprecher gibt es drei Falkner, die die Show abwickeln.
Ich habe schon einmal eine Greifvogelvorführung auf der
Rosenburg im österreichischen Waldviertel besucht. Die war
ganz toll, da waren zum Beispiel die historischen Kostüme
der Falkner sehr schön. Was mir hier in Kintzheim aber ganz
besonders auffällt, ist die Tatsache, dass das Ganze sehr
familiär abläuft. Also ich meine damit, man ist da sehr
nahe dran am Geschehen, das Publikum wird eingebunden. Das
gefällt mir natürlich.
Die Sturzflüge sind sensationell, der
Sprecher fordert die Zuschauer immer wieder auf "de se
baisser" (sich zu ducken), aber man muss sich total
konzentrieren, denn es werden immer mehrere Vögel
gleichzeitig über
den Platz geschickt. Und die sausen wirklich extrem dicht über
unsere Köpfe hinweg. Da hat es ein paar Leute ordentlich
geschreckt, und es flog auch schnell mal eine Sonnenbrille durch
die Luft.
Einer der Vögel marschiert eine ganze Runde
über die Zuschauerbeine, jeder, der sich mit ausgestreckten
Beinen auf den Boden setzt, kann bei diesem Spiel mitmachen. Der
Vogel kommt dabei auch auf seine Rechnung, denn nach jeder
"Hindernisbewältigung" gibt es einen
Belohnungshappen. Dann wird natürlich auch ausführlich
demonstriert, wie die Beute von weit weg anvisiert und im Flug
gegriffen wird.
Viel Zeit wird auch damit verbracht, einen der
Greifvögel von einem Zuschauer zum anderen fliegen zu
lassen. Das geht immer quer über den Platz,
dort bekommt der Vogel seine Belohnung, inzwischen wird gegenüber
einem weiteren Besucher der Handschuh übergestreift, dort
erfolgt die nächste Landung, während gegenüber
wieder der nächste den Handschuh bekommt, und so geht es
weiter. Jeder, der will, kann sich beteiligen. Und es wollen sehr
viele.
Zum Schluss der Vorstellung kommt noch "Alfred"
auf die Bühne. Der Sprecher platziert ein großes
Gips-Ei auf dem Boden, rundherum im Kies liegen ein paar größere
Steine. Alfred nimmt einen dieser Steine mit dem Schnabel und
lässt ihn auf das Ei fallen. Bei der ersten Vorstellung hat
das nach ein paar Versuchen schon geklappt. Das
Ei bricht und Alfred bekommt den darin enthaltenen Happen. Bei
der zweiten Vorstellung dauert es wirklich eine Ewigkeit. Aber
Alfred ist geduldig und zielstrebig. Immer wieder nimmt er einen
Stein auf und lässt ihn auf das Ei niedersausen. Was ich
dabei wirklich sensationell finde ist, dass, je länger es
dauert, er sich immer höher aufrichtet und damit weiter
ausholt und eine kräfigere Bewegung macht, damit es endlich
klappt. Nach langem Bemühen hat er es dann doch geschafft.
Zwischen den beiden Vorstellungen und auch
nachher kann man sich die Vögel in aller Ruhe und ziemlich
aus der Nähe anschauen und einen kleinen Rundgang um die
Burgruine machen. Auch hat man einen schönen Ausblick in die
Rhein-Ebene.
Auf
dem Weg zurück zum Quartier müssen wir noch tanken. In
Frankreich ist das Benzin zu dieser Zeit ein wenig billiger als
in Deutschland, besonders günstig sind die Preise bei an
großen Einkaufszentren angeschlossenen
Selbstbedienungs-Tankstellen. Aber Achtung: Es gibt welche, wo
man mit Bargeld nicht bezahlen kann. Diese ist so eine, aber die
automatische Kasse akzeptiert glücklicherweise Gerhards
Bankomat-Karte. Zu Hause bei der Kontrolle der Kontobuchung
stellt er fest, dass keinerlei zusätzliche Spesen belastet
worden sind.
Wir
überqueren den Rhein in der Abenddämmerung und ich
mache hier das allerletzte Foto dieser langen,
sehenswürdigkeitenintensiven Reise. Es gibt gut die
Abschiedsstimmung wieder.
Wir verbringen unseren letzten Abend und die
letzte Nacht in unserer Ferienwohnung. Ich schlafe ziemlich
schlecht und träume von Autobahnen und darauf befindlichen
Autokolonnen. Also anscheinend beschäftigt mich der Gedanke
an die Heimreise. Das Einpacken erledige ich schnell in der Früh.
Dann treten wir die Rückfahrt an. Der
Verkehr ist erwarteterweise chaotisch. Hinter Heilbronn wird es
dann wieder besser. Ab Nürnberg könnte man es als
halbwegs normal bezeichnen. Es gibt keine besonderen Vorkommnisse
auf dieser Fahrt und wir kommen Gott sei Dank sicher wieder zu
Hause an. Immer in Erinnerung werden mir die vielen exotischen
Verkehrsdienst-Meldungen bleiben, die uns den ganzen Urlaub lang
begleitet haben. Von Dachbox über Decken, Kasten,
Reifenteile bis zu Cabriodach, Stoßstange und Gummihammer
reichte das Repertoire, abgesehen davon natürlich jede Menge
Radfahrer und Fußgänger, die sich offensichtlich
"verirrt" hatten, auch eine Ziege war einmal dabei!
Aber uns ist glücklicherweise nichts passiert auf diesen
Hunderten von Kilometern.
Die
kleinen Fotos von den Sehenswürdigkeiten kann man anklicken,
um ein größeres Foto betrachten zu können.
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