"Toskana, zweite Auflage"
2. Tag: Abfahrt
von der Ferienanlage am Trasimenischen See, Montepulciano (Piazza
Grande, Palazzo Comunale, Medici-Brunnen, Cattedrale di Santa
Maria Assunta), Siena (Palazzo Chigi-Saracini, Cattedrale di
Santa Maria Assunta, Battistero di San Giovanni, Piazza del
Campo, Palazzo Pubblico, Torre del Mangia, Fonte Gaia, Basilica
di San Domenico), San Gimignano (Porta San Giovanni, Arco dei
Becci, Piazza della Cisterna, Piazza del Duomo, Collegiata Santa
Maria Assunta, Palazzo del Popolo, Torre Grossa, Palazzo del
Podestà), Lido di Camaiore
Das Frühstück im Hotel ist unauffällig
aus meiner Sicht. Ein paar unserer Mitreisenden waren
unzufrieden, denn Wurst und Käse waren offensichtlich nicht
ausreichend vorhanden, bis alle Gäste mit dem Frühstück
fertig waren. Aber mir ist nichts abgegangen. Unsere Sachen sind
schnell gepackt, denn wir haben ja nicht wirklich viel ausgeräumt
für die eine Nacht. Bald sitzen wir wieder alle im Bus und
fahren pünktlich los.
Unsere
erste Reiseführerin, Silvia ist ihr Name, ist bereits vor
Ort und erzählt uns schon auf der Fahrt einiges über
Land und Leute und über unser erstes Besichtigungsziel, es
ist Montepulciano, das wir nach ungefähr einer Stunde über
eine ziemlich kurvenreiche Strecke erreichen werden.
Zunächst einmal berichtet uns Silvia über
das Verhältnis zwischen den Bewohnern der Städte
Florenz und Siena. Ein ganz schlechtes ist es! Man könnte es
als wirkliche Feindschaft bezeichnen. Die Wurzeln liegen weit
zurück. Die beiden Städte waren immer Rivalen. Und der
erbitterte Streit zwischen kaisertreuen Ghibellinen und
papsttreuen Guelfen prägte das mittelalterliche Italien.
Siena war großteils ghibellinisch, in Florenz waren beide
Parteien sehr stark. Am 4. September 1260 hat Siena in der
Schlacht von Montaperti über Florenz gesiegt. Und es soll
angeblich noch heute Auto-Aufkleber geben, auf denen steht: "In
Montaperti war ich auch dabei." Später kam Siena jedoch
unter florentinische Herrschaft. Die Sieneser wollen daran
natürlich nicht erinnert werden, und so gibt es den Spruch
"Seit Montaperti war in Siena nicht mehr viel los."
Nun, das klingt, als wäre es heutzutage nur mehr eher Spaß.
Aber Silvia gibt uns zu verstehen, dass es doch nicht ganz so
ist. Die Rivalität ist auch in diesen Tagen noch sehr tief
in den Seelen verhaftet.
In der Zeit, in der in Norditalien, z.B. in der
Lombardei, schon langsam die Industrialisierung einsetzte, blieb
die Gegend hier rein agrarisch. Für die Oberschicht war das
natürlich angenehm, denn die Bauern waren leichter unter
Kontrolle zu halten als die entstehende Arbeiterbewegung. Das
Land wurde in Halbpacht bewirtschaftet, das bedeutete, dass die
Grundbesitzer neben dem Boden auch Arbeitsgerät und Saatgut
zur Verfügung stellten und die Pächter nur ihre
Arbeitskraft einzubringen hatten. Die ganze Region blieb arm und
rückständig, was auch dazu führte, dass die Gründe
extrem billig zu haben waren. Speziell die Engländer haben
in dieser Zeit sehr viel Land hier gekauft, und sie besitzen es
heute noch, aber mittlerweile ist es natürlich besonders
teuer.
Silvia spricht auch über die Banca Monte dei
Paschi di Siena, die wahrscheinlich älteste Bank der Welt.
Sie ist heute noch sehr einflussreich und sehr finanzkräftig.
Jährlich wandert eine schöne Stange Geld von der Bank
an die Stadtverwaltung. Der Ausspruch "Babbo Monte paga
tutto! (Papa Bank zahlt alles!)" hat damit offensichtlich
zumindest im Kern einen gewissen Wahrheitsgehalt. Und weil
Silvia, selber eine Sieneserin, schon mal dabei ist, sich ein
wenig über ihre Heimatstadt lustig zu machen, meint sie
abschließend: "In Siena ist es auch heute noch sehr
erstrebenswert für einen jungen Mann, in der Banca Monte dei
Paschi arbeiten zu können, und es ist sehr erstrebenswert
für eine junge Frau, einen Mann zu heiraten, der in dieser
Bank arbeitet. Der Mann verdient dort sehr viel Geld, die Frau
gibt es aus ... perfekt für die Wirschaft!"
Wir erfahren auch noch nebenbei, dass die
schlanken Zypressen die männlichen sind und die rundlicheren
die weiblichen, und warum das toskanische Olivenöl so eine
besonders hohe Qualität
hat, ... es hat sehr wenig Säuregehalt, es ist sehr windig
hier, das bedeutet, dass der Befall durch Krankheiten erschwert
wird, und darum schmeckt es einfach besser.
Auf dem Weg nach Montepulciano fahren wir durch
die kleine Ortschaft Torrita. Hier wird auch ein Palio gefeiert,
dieser findet aber nicht mit Pferden, sondern mit Eseln statt.
Über den Palio di Siena wird uns Silvia noch später
einiges erzählen.
Wir haben nun Montepulciano erreicht. Es liegt
auf einem Hügel, wie viele Orte hier. Das ist einfach zu
erklären, so war es besser zu verteidigen. Die Stadt wollte
im Mittelalter lieber unter der Macht von Florenz als unter der
von Siena stehen. Florenz ist weiter entfernt, man versprach sich
dadurch, dass es weniger Einmischung in die eigenen
Angelegenheiten geben würde. Andrerseits ergab sich daraus,
dass hier eine ganze Reihe von florentinischen Künstlern
arbeiteten und Montepulciano dadurch zu einer Perle der
Renaissance wurde.
Beim Namen Montepulciano denkt man aber auch
ziemlich sicher an Rotwein. Der Weinanbau ist in dieser Gegend
sehr wichtig und hat die Stadt auch bekannt gemacht. Der Vino
Nobile di Montepulciano ist ein hochqualitativer Rotwein. Er darf
nicht mit dem Montepulciano d'Abruzzo verwechselt werden. Der
kommt nämlich aus einer ganz anderen Gegend Italiens.
Ein
Stück vom Busparkplatz aufwärts gehen wir durch ein Tor
in die Stadt. Die mittelalterliche Befestigung ist noch heute die
Stadtgrenze. Es gibt nun einen kurzen, steilen und einen
längeren, gemütlichen Weg zum Hauptplatz. Silvia meint,
dass es nur ganz selten vorkommt, dass sich eine Gruppe für
den kurzen, steilen entscheidet. Okay, auch wir machen da keine
Ausnahme.
Wir kommen an der Kirche Santa Maria dei Servi
vorbei. Als ich mich für ein Foto entscheide, bin ich schon
zu nahe dran, so werden es nur Ausschnitte. Aber mir gefällt
ohnehin am besten das Grün, das sich im Mauerwerk über
dem Eingang und auf dem Turm breit macht. Zwei sehenswerte
Kirchen in Montepulciano, sie standen aber ebenfalls nicht auf
unserem Besichtigungsprogramm, sind die Chiesa di Sant' Agostino
und die Chiesa di San Biagio, die etwas außerhalb liegt.
Durch eine schmale Gasse erreichen wir die Piazza
Grande, den Hauptplatz der Stadt, einen der schönsten in der
Toskana. Links erhebt sich der Palazzo Comunale. Er wurde von
Michelozzo erbaut und
erinnert sehr stark an den Palazzo Vecchio in Florenz. Er ist
zwar aus grauem Stein, und der Turm ist symmetrisch aufgesetzt,
aber sonst ist eine große Ähnlichkeit vorhanden.
Rechts neben dem Rathaus geht ein sehr schmales
Gässchen vom Platz weg durch altes Gemäuer. Und was
befindet sich am Ende? Etwas sehr Modernes ... ein Bankomat!
Schräg gegenüber vom Palazzo Comunale
befindet sich ein schöner Brunnen, der in der Mitte das
Wappen der Medici trägt, rechts und links davon zwei Löwen
als Symbol für Florenz und zwei Greife als Symbol für
Montepulciano. Davor hat eine Malerin einen kleinen Stand
errichtet und bietet Aquarelle an. Da muss ich natürlich ein
wenig neugierig schauen, was für Bilder es da zu sehen gibt.
Ein französiches Ehepaar unterhält sich mit ihr. Er
möchte eigentlich nur wissen, wo sie das Papier gekauft hat.
Irgendwie kommen die beiden aber sprachlich nicht zusammen, denn
endlich versteht sie zwar, was er meint, aber dafür kann er
mit ihrer Antwort wieder überhaupt nichts anfangen. Dabei
möchte man meinen, dass es ein Französisch-Sprechender
und eine Italienisch-Sprechende doch relativ leicht miteinander
haben müssten.
Gegenüber liegt der Dom, die Cattedrale di
Santa Maria Assunta. Sie wurde von Bartolomeo Ammanati erbaut.
Die Fassade wurde nie fertiggestellt. Im Inneren ist die Kirche
eher schlicht von der Ausstattung her, aber die Raumwirkung ist
recht beeindruckend. Es gibt keine Deckenmalereien, aber gerade
die hellen Wandbereiche zwischen den grauen Steinen lassen die
Architektur gut zur Wirkung kommen. Interessant ist der Altar von
Taddeo di Bartolo. Es ist ein Triptychon und zeigt die Aufnahme
Marias in den Himmel. Die gesamte Gestaltung ist sehr farbig und
mit viel Gold verziert. Der Meister hat sich links unten in einem
Bild selbst verewigt.
Links
und rechts vom Altar stehen zwei Frauengestalten. Die eine stellt
die Wissenschaft dar, sie schaut leicht seitlich, also eher
unsicher. Die andere stellt den Glauben dar, sie blickt klar und
sicher nach vorne.
Ich weiß nicht mehr, in welchem
Zusammenhang uns das Silvia erzählt hat, aber wahrscheinlich
war in dieser Kirche eine Marienstatue, die von einem Sieneser
Künstler geschaffen wurde. Sie berichtet nämlich, dass
Maria, die ja normalerweise als Zeichen der Jungfräulichkeit
mit einem Lilienzweig dargestellt wird, in Siena immer einen
Olivenzweig in der Hand hält. Denn eine Lilie ist das Symbol
für Florenz, und das wollen die Sieneser natürlich
nicht haben. Siena hat eine ganz besondere Beziehung zu Maria.
Vor der Schlacht von Montaperti wurde sie angerufen, und sie hat
ja auch wirklich die Rufe erhört.
Über die Einwohner von Montepulciano hat
Silvia noch zu berichten, dass sie auf den letzten
Medici-Herrscher ziemlich sauer und böse sind. Es war Gian
Gastone de Medici, der im Jahre 1737 kinderlos starb. Damit ging
das Herzogtum Toskana auf ein fremdes Herrschergeschlecht über,
genauer gesagt auf Franz Stephan von Lothringen, den Gemahl von
Maria Theresia.
Wir verlassen den Dom und gehen vom Hauptplatz
weg durch verwinkelte Gässchen, bis wir wieder das Tor
erreichen, durch das wir gekommen sind. Auf dem Weg dorthin
entstehen noch viele Fotos mit malerischen Motiven. Auch der
Ausblick auf die typische toskanische Landschaft ist sehr
eindrucksvoll.
Dann steigen wir wieder in
den Bus, der uns nach Siena zu einer kurzen Stadtbesichtigung
bringen soll. Auf dem Weg dorthin erzählt uns Silvia einige
Details zum Palio di Siena, der zweimal im Jahr stattfindet. Die
Termine sind der 2.7. (Mariä Heimsuchung) und der 16.8.
(Mariä Himmelfahrt, wobei das ja eigentlich der 15.8. wäre,
... warum auch immer). Der Palio ist ein Wettstreit zu Pferde
zwischen den 17 Contrade der Stadt. Jede Contrada hat einen Namen
und ein eigenes Wappen. Jedes Kind in Siena wird quasi zweimal
getauft, einmal nach den Riten der katholischen Kirche, einmal
als Fest der Aufnahme in die heimatliche Contrada. Zu dieser
Festlichkeit bekommt es ein wertvolles Seidentuch in den Farben
und mit dem Wappen der Contrada. Das wird dann zu allen Festtagen
getragen. Man bleibt ein Leben lang Teil dieser Gemeinschaft,
egal wohin man seinen Wohnsitz verlegt.
Beim Palio dürfen nur 10 der 17 Contrade
teilnehmen, und zwar sind das die 7, die beim letzten Mal (im
Vorjahr) nicht dabei sein konnten und 3, die ausgelost werden.
Das Rennen findet auf der Piazza del Campo statt. Und zwar wird
im Bereich entlang der Häuser Sand und Erde aufgeschüttet,
die Zuschauer stehen dann innerhalb davon auf dem abfallenden
Teil des Platzes und natürlich auch in den Fenstern der
umliegenden Palazzi und auf den Tribünen. Gute Plätze
sind lange vorher ausgebucht und sehr, sehr teuer. Dadurch, dass
der Platz muschelförmig ist, entstehen an der tieferen Seite
des Platzes, dort wo sich der Palazzo Pubblico befindet, zwei
besonders gefährliche Kurven. Das muss man jetzt natürlich
gesehen haben, um sich das vorstellen zu können. Ich weiß
schon, wie es dort aussieht, ich war ja im November schon dort.
Fotos vom Platz gibt es ein Stück weiter unten auf dieser
Seite.
Das Rennen ist äußerst brutal. Sieger
ist das Pferd, ob der Reiter im Ziel noch drauf sitzt, ist
unerheblich. Peitschen dürfen eingesetzt werden, aber nicht
gegen die Pferde, sondern nur gegen die Reiter, die nicht aus den
Reihen der Contrada kommen, sondern bezahlt werden. Und die
Bezahlung ist gigantisch hoch, dafür sind aber auch Prügel
und Verletzungen bis "krankenhausreif" gleich
inklusive. Ich muss gestehen, dass ich für derlei Arten von
Wettkämpfen nicht wirklich Verständnis habe. Im
Gegenteil, ich finde es absolut verrückt und würde es
mir auch nicht anschauen.
Wir werden also demnächst Siena erreichen.
Über diese tolle Stadt gibt es in meiner Reisegeschichte
"Toskana, erste Auflage" (hier
ist der Link zum Siena-Ausflug innerhalb dieser Geschichte)
aus dem November 2009 weitaus ausführlichere Informationen
als ich hier anführe. Wir hatten da ja wesentlich mehr Zeit
zur Verfügung. Eine Wiederholung der Beschreibung von
Sehenswürdigkeiten finde ich nicht sinnvoll, so erzähle
ich an dieser Stelle nur, welchen Weg wir genommen haben und ein
paar Informationen, die für mich neu waren. Und natürlich
gibt es jede Menge neue Fotos.
Ein Stück außerhalb von Siena wird
unser Bus auf einem riesigen Busparkplatz abgestellt. Pro Bus
wird das satte Parkgeld von EUR 110,-- eingehoben. Von dort weg
bringt uns ein (dafür kostenloser) Shuttle-Bus näher an
die Altstadt von Siena
heran. Wir steigen unterhalb der Basilica di San Domenico aus.
Sie erhebt sich hoch über uns wie eine Festung. Wir steigen
auf das nächste "Transportmittel" um. Es ist eine
Serie von Stiegen und Rolltreppen.
Die ersten Teile davon lege ich per pedes zurück,
denn der Andrang zur kräfteschonenden Rolltreppe ist hoch.
Mittendrin gebe ich allerdings auf, es wird mir zu anstrengend.
Ich steige um und lasse mich befördern. Durch die
verwinkelte Anordnung verliere ich schnell die Orientierung und
bin dann ganz überrascht, als wir am Ende dieses "Aufstiegs"
ganz in der Nähe des Domes, genaugenommen beim Eingang des
Battistero angelangt sind.
Silvia
geht mit uns von dort bis zur Piazza del Campo und zeigt uns, an
welcher Stelle des Platzes wir uns in ein paar Stunden wieder
einfinden sollen, um uns von der nächsten Reiseführerin
übernehmen zu lassen, die uns nach San Gimignano begleiten
wird. Bis dorthin haben wir freie Zeit zur Verfügung, und es
besteht auch die Möglichkeit einer Dombesichtigung unter der
Führung von Silvia. Die nehmen wir natürlich gerne an
(die meisten aus unserer Reisegruppe tun das), obwohl es für
uns nichts Neues ist. Der Dom ist wunderschön, ich möchte
ihn gerne nochmals sehen.
Vorbei am Palazzo Chigi-Saracini gehen wir also
bis zur Cattedrale di Santa Maria Assunta. Wir kommen von der
Seite her auf den Domplatz, dort wo sich die Reste des nicht zur
Ausführung gelangten Domumbaus mit dem Dommuseum befinden.
Dort sind auch die Kassen für die Eintrittskarten. Die
Schlangen sind ziemlich lang, hier ist im Moment ja Hauptsaison.
Mai und Juni ist am meisten los, denn in den Hochsommermonaten
ist es viel zu heiß für Besichtigungen.
Die Schlange kümmert uns wenig,
denn Silvia besorgt unsere Karten, und sie hat einen schnellen
Zugang für Gruppenbesichtigungen. Auch beim Eingang gibt es
keinen Aufenthalt, und bald stehen wir im Kircheninneren.
Silvia erzählt uns einige Details
über die wertvollen Intarsien auf dem Boden, und zwar über
die ersten fünf Bilder vom Haupteingang weg in Richtung
Altar. Es handelt sich um Allegorien und symbolhafte
Darstellungen von verschiedenen Künstlern. Die Ausführungen
sind zwar interessant, aber ich gestehe, dass ich mir darüber
zu wenig gemerkt habe, um es hier wiedergeben zu können.
In die Piccolomini-Bibliothek geht
Silvia nicht mit hinein. Es dürfen dort nämlich keine
Führungen gemacht werden. Sie erzählt uns nur vorher,
dass Kardinal Piccolomini, der spätere Papst Pius II, ein
Weltmann und sehr gebildet war. Erst spät fühlte
er sich als Geistlicher berufen und bekleidete das höchste
Amt in der katholischen Kirche. Sein Neffe, der spätere
Papst Pius III, hat diese Bibliothek erbauen lassen und sie
seinem Onkel gewidmet. Die Malereien sind noch original. Das ist
wirklich erstaunlich, denn sie erstrahlen in vollem Glanz und
lebendigen Farben. Wie ist das möglich, frage ich mich.
Wir schauen uns natürlich auch
den Hochaltar und die Kanzel von Nicola Pisano näher an.
Dann endet die Führung, und wir bleiben noch einige Zeit im
Dom, um noch einmal in Ruhe rundherum zu gehen. Ich suche die
Cappella del Voto von Gian Lorenzo Bernini, die ich beim letzten
Besuch übersehen habe. Und jetzt weiß ich auch warum:
Sie wird renoviert und ist vollständig hinter Planen
versteckt.
Wir kommen auch an der
Johannes-Kapelle vorbei. Johannes der Täufer, die von
Donatello geschaffene Heiligenfigur, ... ist allerdings
verschwunden. Im vergangenen November war sie noch da, und ich
habe sie damals auch aufs Foto gebannt. Diesmal ist nur der
Sockel der Statue zu sehen.
Dann verlassen wir den Dom. Ich hätte
noch gerne den Battistero besucht. Wir haben ja noch ein wenig
Zeit bis zum vereinbarten Treffpunkt. Aber die lange Schlange an
den Kassen hält uns ab. Erstens ist uns das Anstehen zu
unangenehm und
zweitens wäre der Zeitplan vielleicht doch noch ein wenig
stressig geworden dadurch.
Wir gehen durch die gotische Pforte
stiegenabwärts am Eingang des Baptisteriums vorbei und
flanieren durch die Altstadt. Bei einem Schnellimbiss "il
cavallino bianco" machen wir Station und essen ein
Pizzastück, trinken ein Glas Wein dazu und genehmigen uns
nachher noch
einen Kaffee. Dort ist es - gemessen an der Tatsache, dass es ein
Selbstbedienungsrestaurant ist - relativ gemütlich und die
gebotene Qualität ist überdurchschnittlich hoch.
Nach dieser Stärkung begeben wir
uns auf die Piazza del Campo. Überall sitzen die Leute auf
dem Pflaster herum und genießen das angenehme Wetter. Wir
setzen uns auch hin, denn wir haben noch ein wenig Zeit bis zum
Treffpunkt. Wir suchen uns ein Plätzchen unweit der Fonte
Gaia, von wo aus wir den ganzen abschüssigen Platz
überblicken können und den Palazzo Pubblico mit der
Torre del Mangia direkt vor uns haben. Das ist eine schöne
Kulisse, und es ist angenehm, hier zu sitzen und die Leute zu
beobachten. Von der Ferne sehen wir auch zu, wie unsere
Mitreisenden der Reihe nach wieder eintrudeln.
Valentina ist unsere neue
Reiseführerin. Sie geht mit uns von der Piazza weg durch die
Gassen der Stadt, vorbei an der Basilica di San Domenico, von
dort weg ist der Spaziergang ziemlich öd, wir sind nämlich
nur im Schleichtempo unterwegs, und es gibt nichts Interessantes
zu sehen. Schließlich erreichen wir einen Platz, wo uns der
Bus wieder aufnimmt und nach San Gimignano weiterbefördert.
San Gimignano, die Stadt der Türme,
das Manhattan des Mittelalters! Ich habe schon öfter Fotos
davon gesehen, und ich muss gestehen, diese in den Himmel
ragenden Klötze haben mir da nie besonders gut gefallen.
Umso angenehmer bin ich dann letztendlich überrascht von der
Tatsache, dass die Altstadt malerisch und sehenswert und der
kurze Rundgang in den mittelalterlichen Gässchen durchaus
lohnend ist. Aber noch sind wir erst auf dem Weg dorthin.
San Gimignano entstand zu Ende des 10.
Jh. und verdankt seine Existenz der Frankenstraße. Durch
den regen Handel erlebte die Stadt im 11. und 12. Jahrhundert
eine Blütezeit. Im 13. Jahrhundert führte sie zahllose
Machtkämpfe mit den umliegenden Städten, besonders mit
Volterra. Auch im Inneren war sie zerstritten, der Kampf zwischen
Ghibellinen und Guelfen fand auch in San Gimignano seinen
Niederschlag.
Im 14. Jahrhundert konnte sich die
kleine Stadt jedoch nicht mehr gegen die umliegenden großen
Städte behaupten. Geschwächt von Niederlagen,
Familienfehden und Pest begab sie sich 1348 unter den Schutz von
Florenz. Die Stadt verarmte immer mehr, Renaissance und Barock
hinterließen daher hier auch kaum Spuren. Die Zeit blieb
1563 stehen, als die Medici bestimmten, dass überhaupt
nichts mehr investiert werden dürfe. Während in anderen
Orten renoviert wurde, was ein Schleifen der hohen Türme zur
Folge hatte, blieb in San Gimignano alles beim Alten, ... und
diesem Umstand verdankt diese Stadt heute seine touristische
Attraktion.
Ursprünglich gab es insgesamt 72
Geschlechtertürme. Sie wurden von den verschiedenen
ansässigen Familien gebaut, die sich mit der Höhe der
Türme gegenseitig übertrumpfen wollten. Das Leben darin
war alles andere als luxuriös, aber das war nicht so
wichtig. Mittlerweile gibt es nur noch 13 davon, zusammen mit
einem vollständig intakten Mauerring ist San Gimignano heute
eine Art mittelalterliches Freilichtmuseum.
Wir müssen wieder ein Stück
vom Busparkplatz aufwärts gehen und kommen zu einem der
Stadttore, es ist die Porta San Giovanni aus dem 13. Jh. Von dort
führt die Via San Giovanni bis zum Arco dei Becci.
Dahinter liegt die Piazza della
Cisterna. Die Zisterne, die dem Platz den Namen gibt, stammt aus
dem 13. Jh. Rund um den Platz reiht sich ein schmaler
mittelalterlicher Palast an den anderen. Es ist sehr belebt hier.
Nicht
weit entfernt davon befindet sich der Domplatz. Die beiden Plätze
bilden gemeinsam den Mittelpunkt der Altstadt. Der Dom, die
Collegiata Santa Maria Assunta, ist eine romanische Kirche aus
dem 12. Jh. Direkt daneben liegt der Palazzo del Popolo, das
Rathaus der Stadt. Die Piazza war also immer und ist auch heute
noch sowohl geistliches als auch weltliches Zentrum von San
Gimignano.
Zum Palazzo del Popolo gehört die
Torre Grossa. Das ist der einzige Turm, der heute noch bestiegen
werden kann. Im Rathaus befindet sich außerdem ein Museum.
Palazzo del Popolo und Collegiata Santa Maria Assunta sind durch
eine Mauer miteinander verbunden. Über dem Tor in dieser
Mauer befindet sich eine Darstellung des San Gimignano, des
Bischofs von Modena. Er ist der Namensgeber für die Stadt.
Seine Reliquien sollen den Bewohnern gegen die Hunnen geholfen
haben. Gegenüber vom Dom liegt der Palazzo del Podestà
mit der Torre Rognosa.
Hier ist die Führung auch schon
wieder zu Ende, und wir haben nur mehr sehr wenig Zeit für
einen kurzen Bummel durch die Stadt. Das war also schon sehr
gedrängt. Irgendwie bin ich aber auch nicht mehr
aufnahmefähig. Ich komme nicht mal mehr auf die Idee, in das
Innere des Domes zu schauen. Man könnte jetzt noch bis zur
Piazza Sant' Agostino mit der gleichnamigen Kirche und mit der
kleinen romanischen
Kirche San Pietro weitergehen. Weitere Sehenswürdigkeiten
sind die Kirchen San Girolamo und San Jacopo, die von
Tempelrittern gegründet wurde, weiters die Rocca, eine
Festung aus dem 14. Jh.
Was es kulinarisch gesehen von San
Gimignano zu berichten gibt: Vernaccia di San Gimignano ist ein
regionaler Weißwein der Spitzenklasse. Und es gibt auf der
Piazza della Cisterna einen Eissalon, der den Anspruch erhebt,
dass der Chef schon mehrere Male Weltmeister der Eismacher
geworden ist. Einige aus unserer Busgesellschaft haben das Eis
auch gekostet. Mir stand nicht der Sinn danach. Darum kann ich
jetzt auch leider keine Angaben über die
"Weltmeisterlichkeit" machen.
Wir marschieren zum Bus zurück.
In der Nähe der Porta San Giovanni hat man einen herrlichen
Ausblick in die Landschaft, so richtig "Toskana pur".
Für heute ist es allerdings wirklich genug. Ich bin schon
hundemüde. Wir haben ohnehin noch einige Zeit Fahrt vor uns,
bis wir in dem Hotel einlangen werden, das uns dann drei Nächte
beherbergen wird. Es befindet sich in Lido di Camaiore, das ist
im Raum Viareggio.
Die Route führt in einiger
Entfernung an Pisa vorbei. Es ist zu weit weg, um es zu
fotografieren, aber der Anblick beeindruckt mich wiederum. Hinter
Feldern, Wohnblocks und Industriegebäuden kann man den
Battistero, den Duomo und die Torre Pendente sehen. Sie überragen
alles Umliegende, was die Menschen dort in knapp 1000 Jahren
nachher noch gebaut haben. Sehr beeindruckend! Gestern ist es mir
ja mit dem Anblick der Kuppel des Domes von Florenz genauso
ergangen.
Endlich erreichen wir unsere
Unterkunft. Es ist das Grandhotel
& Riviera in Lido di Camaiore. Das ist ein Badeort an der
Versilia, so heißt die Küste hier. Was ich hier sehe,
kann man nicht mit "unserem" Strand in Porto Santa
Margherita di Caorle (Link zu meiner
Beschreibung unseres Dauerurlaubsortes) an der oberen Adria
vergleichen. Ich mache große, runde Augen: Viele, viele,
viele Reihen von Sonnenschirmen, aufgefädelt an einer
schnurgeraden Strandlinie, dahinter die dazugehörigen
Badeanstalten, nahtlos geht eine in die andere über! Ein
Hotel neben dem anderen! Dazwischen die Straße, die mit
Palmen gesäumt ist. Und das 30 Kilometer lang ...
Unsere Reisegesellschaft ist auf
verschiedene Bereiche des Hauses aufgeteilt. Wir bekommen ein
Appartement zugeteilt. Es liegt direkt neben dem Pool und ist
ziemlich groß. Ich bin mit der Unterkunft sehr zufrieden,
keinerlei Beanstandungen! Bald nach unserer Ankunft gibt es ein
Abendessen im Hotel. Nachher machen wir gemeinsam mit zwei
Ehepaaren aus unserer Busgesellschaft noch einen Spaziergang und
landen anschließend im Caffè Godot schräg
gegenüber vom Hotel. Der Chianti schmeckt ausgezeichnet. Es
werden uns auch noch Oliven, Chips und gesalzene Erdnüsse
dazu serviert. Da kann man leider nicht nein sagen.
Müde falle ich ins Bett. Morgen
stehen Cinque Terre und Portovenere auf dem Programm. Ich bin
schon neugierig darauf.
Die
kleinen Fotos von den Sehenswürdigkeiten kann man anklicken,
um ein größeres Foto betrachten zu können.
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