Helga Buchegger
Reisegeschichten

 

"Toskana, zweite Auflage"

 

4. Tag:
Pisa (Torre Pendente, Duomo Santa Maria Assunta), Lucca (Chiesa dei Santi Paolino e Donato, Piazza Cittadella, Geburtshaus von Giacomo Puccini, Piazza Napoleone, Spaziergang auf der Befestigungsmauer, Cattedrale San Martino, Torre delle Ore, Torre Guinigi, Piazza Anfiteatro, Chiesa San Michele in Foro, Handwerksmarkt), Strand in Lido di Camaiore, Abendspaziergang

Heute stehen Pisa und Lucca auf dem Programm. Pisa haben wir im vergangenen November schon besucht. Auch hier gilt - wie zwei Tage vorher bei Siena schon vermerkt - dass in meiner Reisegeschichte "Toskana, erste Auflage" (hier ist der Link zum Pisa-Ausflug innerhalb dieser Geschichte) wesentlich mehr Informationen über diese Stadt zu finden sind. Diesmal haben wir nur die Piazza dei Miracoli gesehen, zugegeben ist das der Hauptanziehungspunkt, und es gibt davon ein paar neue interessante Details.

Der Busparkplatz ist etwas abseits gelegen, so müssen wir ein Stück zu Fuß gehen, bis wir den Platz erreichen. Diesmal kommen wir - anders als beim letzten Mal - durch das Tor, das in unmittelbarer Nähe zum Battistero liegt. Von hier aus hat man den wahrscheinlich schönsten Blick auf dieses wundervolle Ensemble.

Bis zum Treffpunkt mit unseren Reiseführern haben wir noch einige Zeit, die wir für einen Rundgang auf dem Platz nutzen. Nicht dass ich nicht schon genug Fotos von den Bauwerken geschossen hätte, aber es geht ganz automatisch, als Fotograf ist man so begeistert von diesen Ansichten, dass man immer wieder und wieder den Auslöser drückt.

Und dann muss natürlich auch noch die Stitch-Funktion bei der neuen Kamera ausprobiert werden. Ich muss noch besser lernen, damit umzugehen, aber das hier ist nun mal der erste Versuch damit.

Ich mache auch ein Foto von der Porta di San Ranieri, die ist beim letzten Besuch nicht ins Bild gekommen. Sie befindet sich in der Nähe der Apsis des Domes und führt zur gleichnamigen Kapelle. Bonanno Pisano hat im 12. Jahrhundert die drei Türen in der Eingangsfassade und eben diese Tür geschaffen. Während sich die Porta di San Ranieri noch in einem sehr guten Zustand befindet, wurden die drei anderen beim Brand im Jahre 1595 zerstört und mussten durch neue ersetzt werden

Unsere beiden Reiseführer sollten wir beim Brunnen mit den Puttenfiguren, in der Nähe des Schiefen Turmes, treffen. Das heißt genaugenommen treffen wir vorerst nur einen davon, es ist eine Dame, deren Namen ich vergessen habe. Der zweite, Giovanni, hat sich nämich verspätet.

Wir erfahren zunächst einmal, dass sich die Pisaner und die Luccheser offensichtlich genauso wenig leiden können wie die Sieneser und die Florentiner. Denn die Reiseführerin warnt uns gleich mal schmunzelnd, dass wir in Lucca, wo wir am Nachmittag hinkommen werden, auf keinen Fall irgendetwas glauben sollen, was über Pisa erzählt wird, es ist nämlich alles nicht wahr. Die Bewohner von Lucca sagen außerdem sogar so schlimme Dinge wie "Besser ein Toter in der Wohnung als ein Pisaner vor der Tür."

Die Reiseführerin kümmert sich um die Karten für die Besichtigung des Domes, und dann ist auch schon Giovanni da, ein sehr gut aussehender, smarter Italiener mit einer chicen Sonnenbrille. Die Gruppe wird also jetzt geteilt, wir schließen uns Giovanni an, der mit uns als erstes an einen Platz leicht links hinter der Torre Pendente - vom Brunnen aus gesehen - geht. Wir erfahren auch gleich, warum: Von hier aus ist die Schieflage nämlich am allerbesten zu sehen. Und sehr bald stellt sich heraus, dass Giovanni ein ausgezeichneter Führer ist. Er hat viel Fachwissen und kann auch auf Fragen eingehen.

Wir erfahren einige Details über den Bau des Turmes. Dass sich der Turm neigte, entdeckte man sehr bald nach Baubeginn, anfänglich betrug die Abweichung nur 30 cm, man dachte zunächst nicht, dass sich das fortsetzen könnte und dass es auch gar nicht besonders auffallen würde. Das große Problem ist die Wendeltreppe. Sie liegt zwischen einem inneren und einem äußeren Mauerring, ist aus Marmor und vier Meter breit und dadurch einfach viel zu schwer für den Turm. Als sich die Neigung immer mehr bemerkbar machte, stoppte man den Bau und versuchte erst 100 Jahre später ab dem 4. Stockwerk, also nach der 3. Loggia auszugleichen, dadurch hat der Turm einen deutlich sichtbaren Knick. Mitte des 14. Jahrhunderts wurde zwar fertig gebaut, aber die Neigung nahm immer weiter zu. 1990 war die Abweichung bereits 4,50 Meter und der Turm wurde für Besucher gesperrt. Vor der Sperre des Turmes waren die Loggien begehbar - ohne Brüstung wohlgemerkt! Da werde ich schon schwindlig nur beim Gedanken daran.

Durch Grundabsaugung konnte man erreichen, dass die Schieflage heute nur mehr 4 Meter beträgt und der Turm wieder geöffnet werden konnte. Mit der Befestigung durch Mauerringe ist sichergestellt, dass er nicht auseinanderbricht. Es befinden sich natürlich auch Glocken im Turm, aber die dürfen nicht schwingen, sie werden nur angeschlagen. Die ringförmigen Gerüste, die man derzeit sieht, sind für die Reinigung angebracht worden. Ein durchgehendes Gerüst vom Boden weg würde der Turm nicht aushalten. Ein Vergleich zwischen den Fotos vom Herbst 2009 und den jetzigen lässt deutlich erkennen, dass die Arbeiten schon um einiges weiter nach oben fortgeschritten sind.

Was die Zukunft des Bauwerkes betrifft: Durch die Reduktion der Abweichung von 4,5 auf 4 Meter ist ein Status von vor circa 200 Jahren wiederhergestellt, man könnte also sagen, dass man mit diesen Maßnahmen 200 Jahre gewonnen hat. Ja, und Giovanni meint mit einem Augenzwinkern: "Ganz wollte man die Torre Pendente nun doch nicht aufrichten, denn wer würde dann schon herkommen, um sie zu sehen?"

Von unserem Standpunkt aus mache ich auch ein Foto in Richtung Dom, eine neue Perspektive, denn hier befinden wir uns fast ganz genau in der Längsachse des Domes und schauen genau auf die Apsis. Wir gehen dann links am Dom vorbei zum Eingang. Giovanni macht uns auf die vielen Steine in der Wand aufmerksam, die Inschriften oder Muster tragen. Man hat hier beim Bau alles mögliche Material verwendet. An einer Stelle sieht man z. B. ein Stück römischen Fliesenbodens.

Es gibt keinen Aufenthalt beim Eintritt in den Dom. Ein schönes Gotteshaus ist das. Ich bin mir nicht sicher, ob mir der Dom in Siena oder der Dom in Pisa besser gefällt. Nein eigentlich ist das Unsinn, darüber nachzudenken, die beiden sind sehr verschieden, und jeder für sich ist wunderschön.

Giovanni erzählt uns, dass die Säulen im Langhaus Monolithe sind, jede davon ist 20 Tonnen schwer. Dann macht er uns auf das Wappen über der Eingangstür aufmerksam. Die rechte Hälfte ist österreichisch rot-weiß-rot, die linke Hälfte trägt die sechs Medici-Kugeln. Nun weiß ich auch endlich, was diese darstellen sollen, es sind Pillen, denn die Medici waren ursprünglich Apotheker und Ärzte, erst später Handelsleute, ... und letztendlich unheimlich reiche Herrscher. Sie waren es auch, die nach dem großen Brand des Duomo im Jahre 1595 die neue Decke stifteten. Vorher war dort eine schlichte Holzdecke und darüber ein Bleidach, was zur Folge hatte, dass bei diesem Brand das Blei schmolz und die Fresken im Langhaus beschädigte.

Ich wollte diesmal das Grab Heinrich VII und den Altar mit den Reliquien des San Ranieri, des Schutzpatrons von Pisa, fotografieren. Ersteres hat wieder nicht geklappt, mittlerweile habe ich herausgefunden, dass dieses Grabmal schon oftmals in der Geschichte verlegt worden ist und dabei auch in verschiedene Teile zerlegt wurde. Ein Teil befindet sich im Camposanto Monumentale. Zweiteres hat diesmal schon geklappt, denn Giovanni hat uns extra darauf aufmerksam gemacht. Auch der Hochaltar wird bei dieser Führung kurz gestreift.

Die Kanzel ist natürlich eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten, und wir bekommen genau erklärt, welche Figuren und Allegorien zu sehen sind, aber damit habe ich mich schon in der vergangenen Reisegeschichte befasst. Ein für mich interessantes Detail ist die Begründung, warum die Darstellung der Reliefs an den Außenseiten des Kanzelbeckens so perfekt "Bewegung" ausdrücken. Das liegt nämlich daran, dass es keine wirklichen Reliefs sind, sondern dass hinter den Figuren auch Hohlräume sind. Genial hat Giovanni Pisano das gemacht! Sehr schnell sind wir auch wieder draußen aus dem Dom. Links vom Eingang befindet sich das Grab des Baumeisters, der den Dom begonnen hat, Buscheto, es ist eine Gedenktafel auf der Fassade angebracht.

Eine Besichtiung des Battistero ist nicht vorgesehen. Giovanni erklärt uns nur, dass sich darin ein sehr großes Taufbecken befindet. Der Grund für die Größe ist schnell erklärt: Es wurde nur einmal im Jahr getauft, deswegen gab es viele Täuflinge, und darum wurde das Becken von vornherein so groß konzipiert. Und ich erfahre auch, warum der Battistero mit zwei verschiedenen Arten von Material gedeckt ist, und zwar teilweise aus roten Ziegeln und teilweise aus Bleiplatten. Die Ziegel wurden im Hinblick auf die Feuchtigkeit auf der dem Meer zugewandten Seite angebracht.

Wenn man vor dem Duomo steht und in Richtung Battistero blickt, sieht man links ein altes Gebäude. Darin befindet sich schon seit Jahrhunderten das Krankenhaus, und es hat auch heute noch diese Verwendung. Blickt man nach rechts, sieht man den Eingang zum Camposanto Monumentale. "Krankenhaus - Friedhof" ... ein etwas makabrer Zusammenhang. Giovanni erzählt, dass in diesem Friedhof heutzutage nur mehr Bischöfe und Würdenträger bestattet werden.

Die Führung ist nun zu Ende. Giovanni sagt uns, wohin wir uns bezüglich Mittagessen wenden können. Es gibt die Möglichkeit von der Piazza dei Miracoli in Richtung Altstadt zu gehen oder aber an der Rückseite der Torre Pendente durch das Gittertor hindurch in die dahinter liegende Straße einzubiegen. Unterschwellig hörte es sich so an, als würde er der zweiten Möglichkeit den Vorzug geben. Wir haben uns daran gehalten, und wir waren mit der Wahl sehr zufrieden. Wir haben uns für eine Nudelspeise entschieden, und es hat ausgezeichnet geschmeckt.

Dann treten wir den Rückweg zum Busparkplatz an. Ein letztes Mal vorbei am Schiefen Turm, einen Blick auf den schönen Platz werfen, ... und noch ein paar Fotos machen. Besonders gelungen finde ich das hier eingefügte: Nein ... die Leute hier machen nicht Qui Gong oder Tai Chi oder sonst irgendeine Gymnastik. Sie werden alle gerade fotografiert, während sie mit ihrer Hand den sonst umfallenden Turm abstützen. Aus dieser Richtung sieht das viel origineller aus, finde ich!

Für den Weg zum Bus haben wir viel Zeit, zumindest haben wir das gedacht. Wir biegen nur leider an einer Kreuzung falsch ab und müssen daher einen anderen Weg suchen als den, auf dem wir gekommen sind. Das wäre nicht so schlimm, denn die Richtung hätte schon gepasst. Aber wir müssen dann eine Möglichkeit finden, die Bahngeleise zu überqueren, und das kostet uns viel Zeit. Wäre immer noch gut gegangen, aber just zu dem Zeitpunkt, zu dem wir auf einen Bahnübergang zusteuern, geht der Bahnschranken zu. Zusätzliche Ironie: Der Zug, weswegen wir warten müssen, ist der nach Lucca, unser nächstes Ziel an diesem Tag.

Und diese Verzögerung ist nicht mehr drin. So hetzen wir schlussendlich mit hängender Zunge zu sechst auf den Bus zu. Über 50 Augenpaare unserer Mitreisenden sind auf uns geheftet, der Boss steht an der Einstiegstüre und zählt die Sekunden an ... wir waren zwölf Sekunden zu spät ... und es war uns sehr, sehr unangenehm, wir waren total zerknirscht. Unsere Erklärung mit dem Bahnschranken wurde zudem als müde Ausrede hingestellt. Ungerecht, denn es war ja wirklich richtig, und der Schranken war viel, viel länger als 12 Sekunden geschlossen. Spaß beiseite: Man kann daran erkennen, wie diszipliniert die Reisegesellschaft war, und das war im Endeffekt natürlich eine äußerst angenehme Sache.

Der nächste und gleichzeitig letzte Programmpunkt auf unserer Reise ist Lucca. Die Stadt liegt am Serchio, ungefähr 20 km von Pisa entfernt. Sie war im 13. und 14. Jahrhundert eine der einflussreichsten Städte in dieser Gegend, ein florierendes Handelszentrum und die Metropole der Seidenindustrie. Große Plätze, viele Kirchen und Türme und ein noch erhaltener durchgehender Befestigungswall bilden die wichtigsten Sehenswürdigkeiten. Wir haben nur einen ganz, ganz winzigen Ausschnitt davon kennenlernen können.

Wir werden mit dem Bus bis zum Piazzale Verdi gebracht, wo wir unsere beiden Reiseführerinnen treffen, denn die Gruppe wird wieder geteilt. Lucca ist die Geburtsstadt des großen Komponisten Giacomo Puccini, 2008 fanden hier umfangreiche Festivitäten zu seinem 150. Geburtstag statt. Unser erstes Ziel, die Chiesa dei Santi Paolino e Donato, hat einen Bezug zu diesem großen Sohn der Stadt. Puccini stammte aus einer Musikerfamilie, und in dieser Kirche hat er schon in frühen Jahren Orgel gespielt.

Weiter geht es zur Piazza Cittadella. Dort befindet sich das Geburtshaus von Puccini und ein Denkmal, das ihn auf einem Sessel sitzend darstellt. Unsere Führerin erzählt, dass Puccini mit seinen Opern große Erfolge gefeiert hat und deswegen auch sehr reich geworden ist. Er hatte drei Häuser, etliche Autos ... und sehr viele Frauen. Das Geburtshaus wurde vor nicht allzu langer Zeit nach einem Rechtsstreit einer bis dorthin nicht anerkannten Erbin zugesprochen, die daraufhin das darin befindliche Museum kurzerhand geschlossen hat. Das ist der Stadt Lucca und ihren Bewohnern natürlich nicht sehr willkommen.

Wir streifen kurz die Piazza San Michele, wo sich die Kirche San Michele in Foro befindet. Hier werden wir später nochmals vorbeikommen, ein paar Fotos müssen aber gleich gemacht werden, so nach dem Motto "Was man hat, hat man!". Der tiefblaue Himmel mit weißen Wölkchen und die helle, reich verzierte Fassade sind eben sehr fotogen.

Durch schmale Gassen führt der Weg bis zur Piazza Napoleone. Die Platanen sind von Frankreich hierher gebracht worden. Napoleon hat die Stadt Lucca seiner Schwester Elisa geschenkt, indem er die von Frankreich abhängige Lucchesische Republik in ein Herzogtum umwandelte. Elisa fühlte sich hier aber nie richtig wohl. Nach dem Wiener Kongress ging Lucca an Marie-Luise von Bourbon-Parma, es ist ihre Statue, die wir auf der Piazza sehen, allerdings nur von hinten und nur von ferne, denn wir sind schon wieder unterwegs zum nächsten Punkt.

Vorbei an einem Denkmal des Giuseppe Garibaldi gehen wir in Richtung Stadtmauer. Genaugenommen ist das ein begrünter Erdwall, auf dem man durch eine Allee von Tulpenbäumen wandeln kann. Auf antiken Mauerresten wurde schon im 13. Jahrhundert ein geschlossener Mauerring angelegt, die heutige Gestalt erhielt er zwischen dem 15. und 17. Jahrhundert. Vor dem Wall war früher auch noch ein Wassergraben und eine kleine Mauer.

Was die Tulpenbäume anbelangt: Ich bin ein mieser Botaniker, und ich habe also hier Gelegenheit mein Wissen diesbezüglich zu erweitern. Jetzt weiß ich endlich, wie die Bäume heißen, die in unserem Sommerdomizil Porto Santa Margherita (Link zu meiner Beschreibung unseres Dauerurlaubsortes) die Einkaufsstraße flankieren. Von der Mauer aus kann man schon den Turm des Domes von Lucca sehen, und das ist schon die nächste Sehenswürdigkeit, die wir ansteuern.

Der Dom, also die Cattedrale San Martino, stammt aus dem Ende des 12. Jahrhunderts und wurde im 14. Jahrhundert erweitert. Er sieht von außen sehr beeindruckend aus. Über einer Vorhalle mit drei Bögen erheben sich drei Geschoße von Arkaden. Unsere Reiseführerin, die übrigens exzellent deutsch spricht, meint, dass die Fassade des Domes zu Pisa zwar größer und höher, aber die hier noch schöner und feiner verziert ist. Das mag vielleicht sein, aber in der Gesamtwirkung kommt das Bauwerk nicht entfernt an das Pisaner heran. Die Portale und einige Reliefs in der Vorhalle stammen von Nicola Pisano.

Die Kirche wird innen gerade renoviert, fast alles ist verschalt und zugehängt, so großflächig, dass man nicht einmal annähernd einen Eindruck bekommen kann, wie der Kirchenraum aussieht. In der Nähe des Eingangs befindet sich eine romanische Statuengruppe, die den Heiligen Martin und einen Bettler darstellt. Hier im Eingangsbereich sind auch einige Mauerteile, Bögen, Fenster und ein Teil der Decke sichtbar.

Auf der linken Seite und auch trotz Renovierung sichtbar liegt die Cappella del Volto Santo. Das ist eine wie ein kleiner Tempel gestaltete Kapelle, in der ein Kruzifix aufbewahrt wird, das eine für uns eigenartige Darstellung des gekreuzigten Jesus zeigt, und zwar mit einem sehr fremd wirkenden Gesichtsausdruck, mit einem langen Gewand bekleidet, als Auferstandener mit Krone. Es soll die Nachbildung eines älteren Kreuzes sein, um das sich zahlreiche Legenden ranken. Es soll nämlich vom Heiligen Nikodemus geschnitzt worden sein, und beim Schnitzen des Gesichtes sollen ihm Engel geholfen haben. Und auch die Geschichte, wie das Kreuz hierher nach Lucca gelangt ist, ist mehr als verworren.

Auf der rechten Seite kann man ein großes Gemälde von Tintoretto sehen. Es handelt sich um eine Darstellung des Abendmahles, für die damalige Zeit sicherlich revolutionär, denn es ist bereits mit Perspektive aufgebaut, und es zeigt eine detaillierte Darstellung, wie die Menschen zur Zeit der Entstehung des Bildes ausgesehen haben, gekleidet waren und auch die damals gängigen Speisen und Getränke. Die Leute auf dem Bild sind auch überhaupt nicht irgendwie auf Jesus fixiert, sondern unaufmerksam, sie haben irgendetwas zu tun, reden miteinander, usw.

Wir verlassen das Gebäude wieder, und ich mache noch ein Foto von der Darstellung eines Labyrinths auf einem der Pfeiler der Eingangshalle. Vor lauter Fotografieren habe ich nicht zugehört, was die Reiseführerin darüber erzählt hat.

Wir machen nun einen Spaziergang durch die Altstadt von Lucca, es gibt hier noch ein paar hohe Türme, zum Beispiel die Torre delle Ore, die ich von einem hübschen kleinen Platz aus fotografiert habe, der Orangenbaum kam dabei auch ganz zufällig ins Bild. Interessant ist auch die Torre Guinigi, dieser Turm ist mit Steineichen bestanden, und er kann bestiegen werden. Dass man davon einen wunderschönen Blick über Lucca hat, kann man sich lebhaft vorstellen.

Wir erreichen die Piazza Anfiteatro. Die darauf befindlichen Gebäude wurden auf den Resten eines römischen Theaters errichtet, dadurch entstand diese ovale geschlossene Form. Die Häuser sind alle in verschiedenen Gelb- und Beige-Tönen gestrichen, was natürlich zusätzlich die Geschlossenheit betont.

Früher war das hier der Marktplatz. Vor etlichen Jahren sind viele Bewohner dieser Häuser ins Umland gezogen, was zur Folge hatte, dass die Wohnungen nicht mehr instand gehalten wurden und nur mehr Substandard zu bieten hatten. Heute geht der Trend wieder total in die andere Richtung. Es wird investiert, und man lässt sich eine Wohnung an diesem Platz sehr viel kosten. Darum ist es hier auch so belebt, es gibt viele Restaurants und Cafés mit Gastgärten. Hier ließe es sich eine Weile aushalten. Beim "Rundum"-Fotografieren von der Platzmitte aus stehe ich allerdings in der Sonne, da ist mir ganz schön heiß geworden.

Unsere Reiseführerin bringt uns dann noch zurück zur Piazza San Michele mit der Chiesa San Michele in Foro. Dort sind wir ja heute schon vorbeigekommen. Die Führung ist hier zu Ende. San Michele in Foro hat ihren Namen davon bekommen, dass in der Römerzeit hier das Forum war. Sie ist die Kirche der Händler und Kaufleute. Auf den Resten des Forums wurde später eine Kirche errichtet, sie war die Vorgängerin der jetzigen Kirche. Diese wurde zwischen dem 11. und dem 14. Jahrhundert im pisanischen Stil erbaut. Sie hätte eigentlich um einiges höher werden sollen, aber aufgrund finanzieller Schwierigkeiten musste man sich mit einem deutlich niedrigeren Bauwerk zufrieden geben. Die Fassade allerdings ist noch laut Plan errichtet worden. Daher überragt sie das Kirchenschiff um mehrere Meter.

Wir gehen auch in die Kirche hinein und bleiben eine Zeitlang drinnen, der Tag war schon ziemlich anstrengend, ich bin froh, ein wenig sitzen zu können. Im rechten Querschiff befindet sich ein auffallend farbiges Gemälde, viele Leute stehen davor und fotografieren. Zu Hause habe ich dann herausgefunden, dass dieses Bild, die Pala Magrini, von Filippo Lippi stammt und die Heiligen Girolamo, Sebastiano, Rocco und Elena zeigt.

Auf einem der Seitenaltäre befindet sich eine weiße Terrakotta-Figur von Mutter und Kind. Ich denke natürlich sofort an Andrea oder Lucca della Robbia. Und es stimmt auch, aber ich habe später nicht herausfinden können, wer von beiden der Künstler ist, die Angaben im Internet sind widersprüchlich. Und so brennend ist diese Frage für mich nun auch wieder nicht.

Ich muss mich überhaupt damit abfinden, dass wir Lucca wirklich nur ein ganz klein wenig gestreift haben. Eine sinnlose Aufzählung, welche Sehenswürdigkeiten wir hier nicht gesehen haben, erspare ich dem Leser. Mehr Zeit war eben nicht. Man könnte ja mal wiederkommen?

In einem Palazzo auf der Piazza San Michele befindet sich ein Handwerksmarkt. Es wird hier lauter alte Handwerkskunst vorgeführt. Man sieht an den vielen Bildern, dass mir das gut gefallen hat, besonders hat es mir der Scherenschleifer angetan, ein origineller alter Herr ist das!

Wir marschieren zurück zum Bus und treten die Rückreise nach Lido di Camaiore an. Hier ist Markttag und auf der Strandpromenade ist ein Marktstand nach dem anderen aufgebaut. Es gibt Modeschmuck, Kleidung, Taschen, Bilder,Süßigkeiten, Esoterik-Artikel, ...

Heute ist unsere Heimkunftzeit noch ein wenig früher als an den letzten Tagen, so geht sich bis zum Abendessen noch ein kleiner Spaziergang am Meer aus. Mit kurzen Hosen und barfuß, ein wenig die Füße ins Wasser strecken ... das ist recht angenehm! Was uns aber negativ auffällt ist, dass hier extrem viel Plastikmist angeschwemmt wird. Natürlich weiß ich nicht, ob das immer so ist, es schaut jedenfalls heute nicht recht einladend aus. Die lange Schnur der Badeanstalten und die vielen Reihen von Sonnenschirmen sind gewöhnungsbedürftig, was mir aber recht gut gefällt ist, dass im Hintergrund bewaldete Berge aufragen. Aber einen Badeurlaub hier kann ich mir absolut nicht vorstellen.

Dann ist unser letztes Abendessen im Hotel. Es war wie an den anderen Tagen auch. Die Vorspeisen waren immer sehr gut, die Nudeln waren härter als wir es von unseren Italien-Urlauben gewohnt sind. Aber besser zu hart als zu weich! Die Hauptspeisen waren auch nicht schlecht, aber halt das, was man wahrscheinlich unter "Internationale Küche" versteht. Richtig Italienische Kost wäre mir lieber gewesen.

Nach dem Abendessen ist der Markt leider schon aus, es hätte mir gefallen, hier noch ein wenig zu flanieren und vielleicht sogar irgendein kleines Erinnerungsstück mit nach Hause zu nehmen. Okay, dann eben nicht! ...

Aber was dann ganz selbstverständlich den Abschluss des Tages bilden muss ... ja, genau! ... "Godot wartet auf uns" ... mit einem stimmungsvollen, laternenerleuchteten Gastgarten, mit einem feinen Chianti, mit Oliven, Chips und Erdnüssen. Ein kleines, nettes Mosaiksteinchen in einem durchaus gelungenen Urlaub! Aber die Heimreise steht uns ja noch bevor.

 

Die kleinen Fotos von den Sehenswürdigkeiten kann man anklicken, um ein größeres Foto betrachten zu können.

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